Eine große Trauergemeinde nahm Abschied von Dr. Rudolf Ebel
Bad Wurzach – Die Verena-Kirche in Bad Wurzach war fast bis auf den letzten Platz besetzt, als am Dienstagabend (5. November) Rudolf Ebels gedacht wurde. Pfarrerin Cora Böttiger, die dem geistlichen Teil der anderthalbstündigen Trauerfeier vorstand, zitierte die Seligpreisungen aus der Bergpredigt. Und da blieb eine Zeile im Ohr, die ganz besonders auf den mit 82 Jahren Verstorbenen zutrifft: „Selig sind die Sanftmütigen.“ Der zweite Teil des Jesus-Wortes lautet in der Luther-Fassung: „Denn sie werden das Erdreich besitzen.“ Nicht wenige werden gedacht haben: Welch treffendes Wort für einen Geologen!
Dr. Rudolf Ebel (1942 – 2024)
Ja, er war ein passionierter Wissenschaftler. Noch drei Wochen vor seinem Tod sei er in sein altes Büro gekommen und habe seinen Nachfolgern mit Entdeckerfreude von einer Bodenprobe erzählt, die er im Bereich Bad Wurzach genommen habe und deren Auswertung durch ein Labor er gespannt erwarte, berichtete Dr. Olaf Düser im Nachruf von Seiten des Ingenieurbüros Dr. Ebel & Co. GmbH.
Aber Dr. Rudolf Ebel war viel mehr als ein tüchtiger Geologe. Er war ein Menschenfreund, brachte sich im Ehrenamt ein, beim SV Arnach, beim Partnerschaftsverein, beim Ökumenischen Männerkreis und ganz besonders beim KBZO, wo er sich nach dem schweren Unfall seiner Tochter in besonderem Maße engagierte; für jene Ehrenamtsarbeit wurde Rudolf Ebel dann auch mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Patricia Gragnato
Seine Hilfsbereitschaft, sein Altruismus schien in allen Nachrufen auf. Dass er gesellig war, dass man gerne mit ihm zusammen war, wurde gleichfalls unisono betont. „Mit Rudolf verlieren wir einen ganz besonderen Menschen; einen Freund, der immer für einen da war, wenn man ihn brauchte; einen Freund, der mit seiner ruhigen und bedächtigen Art ausgleichend wirkte; einen Freund, mit dem man aber auch herrlich feiern konnte“, sagte Patricia Gragnato in ihrem Nachruf.
Geboren 1942 in Berlin, mitten im Krieg, wuchs Rudolf im Schwarzwald auf. Ein späterer Lebensmittelpunkt war München, ehe Arnach ihm und seiner Familie zur Heimat wurde. Wie fest er mit dem Dorf verbunden war, aufgrund aktiven Mitmachens in der örtlichen Gemeinschaft, zeigte sich deutlich beim Besuch des Trauergottesdienstes; auffallend viele Arnacher sah man in den Bänken.
Weggefährten, Freunde, Nachbarn, Kollegen, auch die Bürgermeisterin – es waren so viele gekommen, denen Rudi, wie er im vertrauten Kreis gerufen wurde, wichtig war. Musikalisch gestaltet wurde die Feier von Verena Stei am Cello und Elisabeth Kohler an der Orgel. Andächtig sang die große Trauergemeinde die berührenden Lieder „Von guten Mächten treu und still umgeben“ und „So nimm denn meine Hände“.
Im Folgenden zitieren wir auszugsweise aus den Ansprachen; im vollen Wortlaut sind sie am Ende des Artikels unter „Downloads“ hinterlegt.
Cora Böttiger
Pfarrerin Cora Böttiger skizzierte den Lebensweg Rudolf Ebels, der von Berlin über Glatten im Schwarzwald nach München führte. „Weitere Stationen schlossen sich an: zuerst der Wechsel nach Frankfurt und damit verbunden die Auslandsaufenthalte im Irak und in Algerien. Bis er mit seiner Familie 1985 schließlich ins Allgäu zog und in Arnach sesshaft wurde. Dort machte er sich 1986 selbstständig und gründete seine eigene Firma, Dr. Ebel, Büro für Geotechnik.“ Auch ging Cora Böttiger auf den schweren Schicksalsschlag ein, der die Familie Ebel ereilte: „Rudolf Ebel hat in seinem Leben erfahren, dass es schöne Stunden und schmerzliche Stunden gibt. Da ist zum Beispiel die Freude über die Kinder, Christoph und Charlotte – das Glück der eigenen Familie. Aber das Leben lässt sich eben nicht in schwarz und weiß, fröhlich und traurig, einteilen. Auch im größten Glück können wir Schmerz erfahren. Wie der Autounfall seiner Frau Beate, bei dem sich Charlotte schwere Verletzungen zuzog. (…). Aber auch hier war es wieder so, dass aus dem Schweren, aus dem Schmerzlichen Neues entstand. Denn Charlottes Beeinträchtigungen waren der Grund, weshalb sich Rudolf Ebel in der Welt der Menschen mit Behinderung engagierte.“
Gundula Blattner
Für den Partnerschaftsverein, wo Rudolf Ebel sich im Luxeuil-Komitee engagierte, sprach Gundula Blattner. Als Gründungsmitglied seit dem Jahr 1988 sei er dem Partnerschaftsgedanken, der Völkerverständigung und insbesondere der deutsch-französischen Freundschaft zugetan gewesen. Und als Kassenprüfer über viele Jahre habe er dafür gesorgt, dass in puncto Finanzen im Verein alles immer einwandfrei in Ordnung war. Im Luxeuil-Komitee habe er tatkräftig mit angepackt: „Er besorgte Tische, Bänke und Sonnenschirme für das ,Picknick in Weiß‘, bei vielen Jugendfußball-Begegnungen in Frankreich und Arnach war er als Fan der jungen Spieler und als Organisator beteiligt, beim Besuch der Stadtkapelle in Luxeuil zum 14. Juli diesen Jahres war er genauso mit von der Partie wie früher beim Besuch des Musikvereins Eintürnen oder den Radlern in der Partnerstadt. (…) So ist er auch in Luxeuil vielen bekannt und ein guter Freund geworden, was sich auch darin ausdrückt, dass eine große Delegation aus Luxeuil-les-Bains heute gekommen ist, um sich von Rudolf zu verabschieden. Für unsere Arbeit im Frankreichkomitee und als Freund wirst du uns immer fehlen, lieber Rudolf. Merci pour tout!“
Martine Bavard
Martine Bavard aus Luxeuil-les-Bains würdigte den Jumelage-Freund Rudolf Ebel in deutscher Sprache: „Sehr groß ist unsere Emotion, seit wir den Tod von Rudolf erfahren haben, Rudolf, unser sehr guter Freund, mit dem wir so schöne Momente verbracht haben. Und alle behalten wir von ihm in Erinnerung: seine Freundlichkeit und sein Lächeln. Und er scheute keine Mühen und lernte sogar Französisch, um uns allen ein wenig näher zu sein.“ Unkompliziert und belastbar sei er gewesen: So habe er nicht gezögert, im Schlafsaal der Abtei St. Colomban zu schlafen, um auf die jungen Fußballspieler beim LUXCUP aufpassen zu können.
Michael Englert
Für den Elternverein des Körperbehindertenzentrums (KBZO) in Weingarten sprach Michael Englert. „Ich bin richtig traurig und würde am liebsten die Zeit zurückdrehen, um mit Rudolf noch mal ein Glas Rotwein trinken und diskutieren zu können.“ Englert warf den Blick zurück auf die Anfänge des KBZO, das 1995 infolge Misswirtschaft in eine finanzielle Schieflage geraten war. „Dr. Rudolf Ebel, angeregt durch die Liebe und die Sorge um seine eigene Tochter Charlotte, entschloss sich, Verantwortung zu übernehmen und zu handeln. Mit einer Handvoll Gleichgesinnter führte Rudolf durch viel Überzeugungsarbeit in zeitaufwändigen und mit viel Herzblut geführten Verhandlungen den Verein wieder in ruhiges Fahrwasser.“ 1996 wurde Rudolf Ebel zum Ersten Vorsitzenden des Vereins „Hilfe für Körper- und Mehrfachbehinderte e. V.”, auch „Elternverein” genannt, gewählt. Dieses Amt hatte er bis 2017 inne. Rudolf Ebels Herzensprojekt sei das Wohnobjekt Prestelstraße in Weingarten gewesen, das 2016 eingeweiht wurde. „Diese Wohnanlage mit 24 Wohnplätzen ist mehr als nur ein Gebäude – sie ist ein Symbol für Rudolfs Vision: Ein Zuhause benachteiligter Menschen, Geborgenheit und die Möglichkeit zur Selbständigkeit und Selbstbestimmung im Sinne der Inklusion.“
Dr. Olaf Düser
Im Jahre 2004 übergab Rudolf Ebel sein Büro, das fortan als Dr. Ebel & Co. GmbH firmierte. Dr. Ing. Olaf Düser vom Team seiner Nachfolger sagte unter anderem: „Herr Dr. Ebel, von uns bald nach der Übergabe respektvoll und freundschaftlich nur noch Rudi genannt, war anfangs noch bei uns als Feldgeologe und im bodenmechanischen Labor tätig. Regelmäßige Treffen mit Rudi zum Bürofrühstück und zum kollegialen Austausch gehörten dazu. Dabei hatte er manch guten Rat aus seiner Geschäftsführertätigkeit für uns parat. Und es ging natürlich auch lustig zu, wenn Rudi Anekdoten aus seiner beruflichen Tätigkeit zum Besten gab.“
Armin Prothmann
Für den SV Arnach sprach Armin Prothmann: „Mit Rudi verlieren der Sportverein Arnach und der Förderverein Sportjugend Arnach ein treues Vereinsmitglied und einen Freund, den wir alle sehr geschätzt haben. Rudi trat dem Sportverein Arnach im Jahre 1985 bei. Er war viele Jahre aktiver Sportler in der Gruppe der Männergymnastik. Er war Co-Trainer unserer E-Jugend, in der sein Sohn Christoph mitspielte. Von 1988 bis 1996 hatte er das Amt des Schriftführers inne und war maßgeblich am Sportplatzbau beteiligt. Er unterstützte uns – besonders mit seinem fachlichen Wissen, seiner diplomatischen und freundlichen Art – bei Verhandlungen mit der Stadt Bad Wurzach. Auch bei allen weiteren Baumaßnahmen des SV Arnach (z. B. Vereinsheim, Duschen und Umkleidekabinen, Gymnastikraum) stand er uns mit Rat und Tat hilfreich zur Seite. Die Kinder- und Jugendarbeit lag Rudi sehr am Herzen, so dass er 16 Jahre das Amt des Ersten und vier Jahre des Zweiten Vorsitzenden beim Förderverein Sportjugend Arnach übernahm. Durch sein Engagement beim Partnerschaftsverein mit der französischen Partnerstadt Luxeuil-les-Bains ermöglichte er unserer Fußballjugend Turniere in Frankreich und auch den Kindern und Jugendlichen der Partnerstadt Turniere in Arnach. Dabei wurden unsere jungen französischen Gäste immer vorzüglich von Beate und Rudi betreut.“
Dr. Klaus Freisinger
Dr. Klaus Freisinger, der für den Ökumenischen Männerkreis sprach, erinnerte an den Beginn seiner Freundschaft mit Rudolf Ebel: „1977 forschte Rudolf im Rahmen seiner Doktorarbeit über die eiszeitlichen Gletscherbewegungen in unserer Region. Unkompliziert wie er war, ging er in Seibranz ins Rathaus und fragte meinen Vater (Bürgermeister Josef Freisinger, damals Ortsvorsteher; Anm. d. DBSZ-Red.), wo er als Doktorand für mehrere Monate ein Zimmer finden könne. Nach kurzer Rücksprache mit meiner Mutter ist er dann bei uns eingezogen und es hat nicht lang gedauert, dass er als Familienmitglied betrachtet wurde und ihn meine Mutter quasi adoptiert hat. Und so wie unsere Familien sich über Jahrzehnte verbunden fühlten, fühlen wir uns jetzt auch in der Trauer mit Dir und Deiner Familie, liebe Beate, tief verbunden.“
Am Schluss der beeindruckenden Feier dankte Beate Ebel für das gemeinsame Gedenken und die einfühlsamen Nachrufe. „Ihr habt noch einmal das Bild meines Mannes vor unserem geistigen Auge erstehen lassen“, sagte sie sinngemäß.
Zu diesem Mosaik kann auch der Verfasser dieses Artikels ein Steinchen beitragen. Mitte der 1990er-Jahre wurde der Arnacher Friedhof rund um die Kirche neu angelegt. Es war eine große Baumaßnahme, für die auch ein geologisches Gutachten erforderlich war. Der Kirchenpfleger ging zum ortsansässigen Fachmann und bekam seine Expertise. Gratis. Ein Geschenk für die Pfarrei.
Gerhard Reischmann
Alle Nachrufe finden Sie im Wortlaut unter „Downloads“