Stadtarchivar Wild berichtete von seiner Arbeit
Bad Wurzach – Stadtarchivar Michael Wild, der in Bad Wurzach eine 35-Prozent-Stelle hat, berichtete von seinem Arbeitsfeld im Stadtarchiv. Bürgermeisterin Alexandra Scherer hatte zur Finanzierung des Breitbandausbaus ein frohe Kunde.
Bürgermeisterin dankte den Organisatoren des Weihnachtsmarktes
Zu Beginn der Sitzung schwelgte die Bürgermeisterin im Rahmen ihrer Berichterstattung seit der letzten öffentlichen Sitzung (16. November) in Erinnerungen vom wunderbar organisierten Weihnachtsmarkt. Sie dankte den ehrenamtlichen Organisatorinnen Gisela Brodd und Petra Greiner ebenso wie Karl Mayer, der im Hintergrund die Fäden zog. Auch die Leitung der Bad Wurzach-Info Johanne Gaipl und Albertine Schoeters mit ihrem Team bekamen vom Stadtoberhaupt ein dickes Lob ausgesprochen. „Ich bin immer noch begeistert, man kann es nicht besser machen.“ In das Lob schloss sie auch den städtischen Bauhof ein, der trotz der riesigen Herausforderung durch das Wetter einen Plan hatte, der funktionierte. Denn die gefallenen Schneemassen hatten alle Mitarbeiter, auch die Subunternehmer, gefordert.
Des weiteren gab sie bekannt, dass die Stadt den Vertrag mit der zentralen Vergabestelle für Ausschreibungen des Landkreises verlängern wird.
Die Breitband-Millionen aus Berlin
„Wir haben fast nicht mehr damit gerechnet, aber am Freitag kam die Zusage aus Berlin.“ Bad Wurzach erhält beim Breitbandausbau 15,53 Millionen Euro aus dem „Graue Flecken Programm“ des Bundes (die Bildschirmzeitung hat darüber schon berichtet). Erst dieses Geld mache die Realisierung möglich. Inzwischen rechnet die Stadt mit Gesamt-Investitionen in Höhe von 100 Millionen Euro für den Breitbandausbau in der Großgemeinde.
Archivarbeit, eine gesetzliche Pflicht
Nach der Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung konnte Stadtarchivar Michael Tassilo Wild mit seinem Vortrag beginnen. Er eröffnete seine Präsentation mit der Frage, warum ein Stadtarchiv überhaupt erforderlich ist. „Schlicht und ergreifend, weil Land und Bundesrecht es vorschreiben!“ Seit den 80er-Jahren gibt es das Landesarchivgesetz. Der Ursprung dieser Forderung leite sich aus dem Grundgesetz ab: Der Bürger habe Anspruch auf nachvollziehbare und rechtsstaatliche Verwaltung. Aber: „Es wird Sie erschüttern: Wir sind eher die Zerstörer, denn nur 10 Prozent (im Staatsarchiv sogar nur 5 Prozent) der Akten und Unterlagen werden übernommen, der Rest wird vernichtet.“ Und nur der Bestand an erschlossenen Akten kann auch benutzt werden. Was archoviert wird, darüber zu befinden, ist eine Kernaufgabe eines Archivars.
Als nächsten Schritt zeigte Wild anhand des Beispiels aus dem vor einigen Jahren erschlossenen Archivs in Arnach, was alles aufgehoben wird: Da ging es um die Hand- und Fuhrfronen für die Pfarrgemeinde, die Ablösung der Baulast und des Zehnten (Mitte des 19. Jahrhunderts). Oder über die Besoldung des Mesners (Mitte 20. Jahrhundert).
Hoher Zeitaufwand
Wild skizzierte auch anhand eines Rechenbeispiels den Zeitaufwand in der laufenden Arbeit, wenn Akten aus der Registratur übernommen werden. Benötigt würden demnach für 1000 Akten 948,3 Stunden,. Allerdings stehen ihm bei seiner Eindrittel-Stelle nur 595 Stunden insgesamt zur Verfügung. Es gebe einfach zuviel Material, so dass die Berge eher noch größer werden. Dazu kämen noch Sonderaktionen wie in diesem Jahr das “Geschichtival”. Um die Urkunde zu zeigen musste er zunächst Verhandlungen führen, um sie dann in Augsburg kopieren zu können. Und das nächste Groß-Projekt stehe auch schon vor der Tür: 500 Jahre Bauernkrieg, ein Jubiläum das mit einer großen Landesausstellung in Stuttgart und einer weiteren in Bad Schussenried gefeiert wird. Und weil mit dem Bauernjörg einer der zentralen Anführer in Oberschwaben lebte und bei Wurzach eine der bedeutendsten Schlachten stattfand, hat auch die Stadt schon angefragt. „Es wäre doch sinnvoll, wenn man einige Leute auch hierher locken könnte.“
Thorsten Rast fragte, welcher Zweck als gerechtfertigt gelte, Akteneinsicht zu nehmen. Wild antwortete ihm, dass man Sperrfristen beachten müsse: bei öffentlichen Personen wie Bürgermeistern gelten zehn Jahre nach deren Tod, bei anderen 30 Jahre. Bei Verwandten entfallen Sperrfristen komplett.
Gisela Brodd fragte wie es um die Digitalisierung bestellt sei. Hier herrsche noch große Zurückhaltung, denn die Daten sollten ja nicht nur ein paar Jahrzehnte erhalten und lesbar bleiben (Dateiformate! und Lesegeräte!), sondern mindestens 1000 Jahre.
Für enorm sinnvoll halte er, dass Vereine ihr Archiv ebenfalls im Stadtarchiv, allerdings in einem Vorraum, unterbringen können. Diese müssten jedoch von den Vereinen selbst gepflegt werden. Allerdings, warf Martin Tapper ein, habe das Archiv natürlich nicht unbegrenzte Kapazitäten.
Der Eintürner Ortsvorsteher Berthold Leupolz fragte, ob auch geplant sei, die Archive in den Ortschaften aufzuarbeiten. „Es ist geplant, alle aufzuarbeiten, einige sind es schon. Wir sind da auf keinem schlechten Stand,”, war die Antwort von Wild. Sobald es gehe, werde diese Aufgabe wieder in Angriff genommen.