Ein falsches Spiel
Zu den Artikeln „Josef Rief MdB: Ampel kürzt vor allem im Agraretat“ (DBSZ vom 19. Januar) und „Josef Rief: Der ländliche Raum ist der große Verlierer der gegenwärtigen Regierungspolitik“ (DBSZ vom 3. Februar)
Beim Lesen Ihrer Berichte zur aktuellen Situation bei den Bauerndemonstrationen bin ich doch sehr erstaunt, wie die CDU auf Neuwahlen drängt und potentielle Wähler mit verdrehten und verschwiegenen Tatsachen täuschen will.
So haben Sie sich doch, Herr Rief, seit mindestens 6. Dezember mit dem Thema Agrardiesel und Kfz-Steuer-Befreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge beschäftigt und bei der Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses am 15. Dezember mit Ihren Fraktionskollegen und über alle Fraktionen hinweg einstimmig der Abschaffung zugestimmt. Auch über die von der SPD eingebrachten Kompensationsvorschläge haben sie und ihre Fraktionskollegen seit 12. Dezember genau Bescheid gewusst. Sie treiben hier ein bewusst falsches Spiel, wenn sie so tun, als hätten sie vorher von nichts gewusst, denn zu diesem Zeitpunkt waren sie und ihre CDU-Fraktionskollegen genau informiert, wie die Einsparvorschläge der Bundesregierung aussehen werden.
Bei den Demonstrationen ging es vielen Landwirten um Agrardiesel, aber den meisten Landwirten ging es um vieles mehr. Vieles davon ist der Vorgängerregierung unter CDU-SPD, der Sie schon lange zugehören, zuzuschreiben. So wurde den deutschen Landwirten 2015 eine deutlich verschärfte Düngeverordnung der EU auferlegt, die zu erheblichen Mehrkosten und bürokratischem Aufwand für die Landwirte geführt hat, nur weil das CDU/CSU-geführte Landwirtschaftsministerium es seit 2008 mit Ilse Aigner nicht auf die Reihe gebracht hat, entsprechende Daten an die EU zu liefern, um eine eigene deutsche Düngeverordnung durchzusetzen.
So hat es die CDU-SPD-Bundesregierung mit den CDU-geführten Landwirtschaftsministerien in all der Zeit nie ernsthaft in Erwägung gezogen, die von den Landwirten geforderte Herkunftskennzeichnung auf Lebensmittel einzuführen, weil die von CDU – Deutschem Bauernverband – Raiffeisen-Genossenschaftsverband und Lebensmittelindustrie gebündelte Einheit sich dagegen ausgesprochen hat, um weiter Geschäfte mit Billigimporten machen zu können.
So hat es das CDU geführte Landwirtschaftsministerium mit aller Macht verhindert, gleiche Produktionsstandards wie in Deutschland, für importierte Lebensmittel und Agrarerzeugnisse zu fordern.
Das heißt zum Beispiel, dass in der EU verbotene Pflanzenschutzmittel in Nicht-EU-Ländern weiterhin eingesetzt werden und die damit erzeugten Lebensmittel wie Getreide, Gemüse, Obst, Fleisch und Milchprodukte gelangen weiterhin ohne Einschränkungen bei uns in den Handel. Verbraucher wissen nicht, woher das erzeugte Lebensmittel kommt und zu welch niedrigeren Standards es produziert wurde.
So hat die Vorgängerregierung nichts ausgelassen um die Erzeuger dem „freien Markt“ zu unterwerfen, um so die Erzeugerpreise unter Druck zu halten und damit die Margen der Verarbeiter und des Handels zu erhöhen.
So haben sich CDU und Deutscher Bauernverband bisher erfolgreich dafür stark gemacht, dass Erzeuger weit unter den Produktionskosten produzieren müssen und das in ihre Betriebe investierte Geld erst in 20 bis 25 Jahren wieder zurückfließt. Eine Entlohnung für die geleistete Arbeit auf dem Hof und eine entsprechende Altersvorsorge ist für viele Betriebe nicht möglich. Diese Wertschöpfungsverluste fehlen dem ländlichen Raum
Die CDU und der Bauernverband haben uns Landwirte in diese Sackgasse geführt, dass wir so abhängig von Subventionen geworden sind und deshalb für viele Betriebe Perspektiven für Betriebsleiter und vor allem für Hofnachfolger fehlen.
Nicht die Agrardieselrückerstattung fehlt dem ländlichen Raum, sondern seit vielen Jahren und viel mehr die Wertschöpfung über den Verkauf der erzeugten Produkte wie Milch, Fleisch, Obst, Gemüse. Dies haben wir einer weltmarktausgerichteten Agrarpolitik der CDU und des Bauernverbandes der vergangenen Jahrzehnte zu verdanken. Durch diese Agrarpolitik haben in den vergangenen 14 Jahren über 100.000 Betriebe in Deutschland ihre Hoftore geschlossen.
Herr Rief, am besten halt erst vor der eigenen Tür kehren, bevor man auf andere zeigt.
Rolf Weidner, Bad Wurzach
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