Das Hochzeitsessen soll die Gäste nicht nur sättigen, es muss ins Gesamtkonzept immer aufwändiger werdender Feiern passen. Ebenso wie die Torten.
Das typische deutsche Hochzeitsessen hat sich in den letzten hundert Jahren ganz schön gewandelt. Früher war es oft ein opulentes Festmahl, das die ganze Verwandtschaft und Nachbarschaft zusammenbrachte bei Rinderroulade, Schweinebraten und Knödeln und Tante Ernas berühmten Kartoffelsalat. In den 1920er Jahren war das Hochzeitsessen – zumindest in der feinen Gesellschaft – ein schickes, mehrgängiges Menü. Die marzipanverzierten Figuren auf der mehrstöckigen Hochzeitstorte stellten Braut und Bräutigam dar. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Hochzeitsessen einfacher. Man legte seine Lebensmittelkarten zusammen, um rationierte Lebensmittel kaufen zu können. Die traditionellen Gerichte wurden mit dem, was gerade verfügbar war, kombiniert. Legendär die Falschen Hasen, mit allerlei Zutaten gestreckte Hackbraten. Die Hochzeitstorte war immer noch ein Highlight, aber meist ein einfacher Blechkuchen, verziert mit viel Liebe und ein bisschen Zuckerguss. In den 1980er Jahren kam dann der: Die Globalisierung machte auch vor den Hochzeiten nicht halt! Plötzlich gab es nicht nur Bratwurst und Sauerkraut, sondern auch Pasta, Sushi und mexikanische Tacos auf dem Hochzeitsbuffet. Die Brautpaare wollten zeigen, dass sie auch kulinarisch offen für Neues waren. Und wer hätte gedacht, dass die gute alte Hochzeitstorte auch in Form von Cupcakes oder Donuts daherkommen darf?
Heute ist das Hochzeitsessen ein echtes Schaulaufen. Von veganen Buffets über internationale Köstlichkeiten bis hin zu Food-Trucks, die direkt vor der Location parken – alles ist möglich! Und während die einen noch an der traditionellen Hochzeitstorte festhalten, entscheiden sich andere für eine „Dessert-Bar“ mit einer gewaltigen Auswahl an Süßigkeiten. Manchmal werden die Gäste auch aktiv in das Geschehen eingebunden. Man kann jetzt sogar seine eigenen Burger am Grill zusammenstellen oder sich an einer DIY-Pasta-Station versuchen. Das Hochzeitsessen als interaktives Erlebnis.
Beim Lesen verschiedener Menüvorschläge einschlägiger Gastronomiebetriebe stolpert man auch über nackte und halbnackte Kuchen. Hä? Was bitte ist ein Naked Cake? „Naked Cake meint einen Kuchen, der in seiner ganz natürlichen Schönheit serviert wird und entsprechend ohne Verkleidung aus Buttercreme oder Fondant daherkommt. Es ist gewollt, dass bei diesen Torten die Böden und die Füllung zu sehen sind. Mit diesem eher schlichten Grundgerüst sind dir bei der Dekoration keine Grenzen gesetzt“. Und halbnackt? „Neben dem klassischen Naked Cake, der vollkommen ohne äußere Hülle auskommt, gibt es auch so genannte Semi Naked Cakes. Der Name verrät es schon: Semi Naked Cakes, oder auch Half Naked Cakes genannt, sind nicht ganz so hüllenlos wie ihre klassischen Namensvetter. Sie werden von außen dünn mit Creme bestrichen, die anschließend mit einer Teigkarte oder einem Messer wieder so weit abgetragen wird, dass Füllung und Böden gut sichtbar durchschimmern.“ Aha! Hauptsache die Braut kommt nicht hüllenlos daher …
Autorin: Andrea Reck