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Pfarrer Ekkehard Schmid ist umgeben von Gerüsten. Die Basilika wird derzeit umfassend restauriert. Foto: Patrick Merk

Weingarten – Ekkehard Schmid (59) ist nicht nur verantwortlicher Pfarrer für die Basilika, sondern auch Dekan des Dekanats Allgäu-Oberschwaben. BLIX stellte dem katholischen Priester zum Jubiläum der Basilika, die in nur sieben Jahren erbaut wurde und aktuell umfassend restauriert wird, sieben Fragen zur Bedeutung von „Baustellen“.

Herr Schmid, 300 Jahre Basilika, wie fühlen Sie sich dabei?

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Ich bin dankbar, dass die Kirche keine Eintagsfliege ist, sondern eine lange Geschichte hat, in der viel gespeichert ist durch Generationen von Menschen mit ihren Lebens- und Glaubenszeugnissen. Dieses Eingebettetsein spüre ich an diesem bedeutendsten Wallfahrtsort Oberschwabens und bei einem Zeitraum von 300 Jahren besonders.

Die Basilika ist in nur sieben Jahren erbaut worden und das mit den technischen Hilfsmitteln von vor 300 Jahren, ohne Liebherr-Kran und Betonmischer und 3D-Visualisierung für die opulenten Stuckarbeiten. Wie muss man sich diese riesige Baustelle vorstellen?

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Auf jeden Fall höchst professionell und rationell. Die beteiligten Künstler waren solide Handwerker und erfahrene Unternehmer und alles andere als Ein-Mann-Betriebe. Es herrschte ja ein regelrechter Bauboom damals. Die meisten Architekten und Künstler in Weingarten arbeiteten etwa parallel am Schloss in Ludwigsburg oder an den Stiftskirchen von Innsbruck und Weissenau. Bezeichnend ist, dass auch diese beiden Kirchen ebenfalls im Jahr 1724 fertig gestellt wurden.

Diese barocke Prachtentfaltung diente nach der Reformation auch der Machtdemonstration nach innen und nach außen. 300 Jahre später backt die Katholische Kirche kleinere Brötchen, und die Basilika ist gerade wieder Baustelle. Ist die eingerüstete Basilika symptomatisch für den Zustand der Katholischen Kirche in der Gegenwart, nämlich von Grund auf reformbedürftig?

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Baustellen sind stets Zeichen von Leben und Hoffnung. Das Gegenteil wären Ruinen, die verfallen, weil man sie aufgegeben und verlassen hat. So wenig wie man die Basilika derzeit baulich verändert, so wenig kann man aus der Kirche eine völlig andere machen. Äpfel werden normalerweise keine Birnen. Und doch ist die Sanierung der Basilika mehr als konservierender Bestandschutz und Oberflächenreinigung. Dasselbe muss auch für die Kirche gelten, will sie den Bedarfen von heute und morgen dienlich sein.

Was muss geschehen, was muss sich ändern, dass die Basilika als Symbol der Geschichte der Katholischen Kirche auch nach weiteren 300 Jahren noch gefeiert wird?

Ausgetretene sind vor allem vom Missbrauch und dem Umgang mit den Opfern schockiert. Der Vertrauensverlust in Amt und Institution ist immens. Hoffentlich wird man nicht erst in 300 Jahren die Aufarbeitung und moralische Kehrtwende nachvollziehen können. Aber Gott sei Dank ist die Kirche nicht nur das. Ich erlebe unsere Seelsorgeeinheit lebendig und engagiert – nach innen wie nach außen – und so, dass wir uns wahrlich nicht verstecken müssen! Die Basilika ist sichtbar und das ist gut so. Nicht zuletzt, damit auch die Frage nach Gott in säkularer Zeit nicht ausstirbt. Vielen tut dieses festliche Gotteshaus einfach gut. Sie ahnen, dass auch das moderne Leben nicht alles ist, spüren die Gelassenheit, die dieser alte, helle, weite Raum ausstrahlt und nehmen ein kleines Stück Himmel mit in ihren Alltag.

Die Menschheit baut seit sie sesshaft geworden ist wie besessen, und die Katholische Kirche baut seit 2000 Jahren kräftig mit. Das alles wird durch die Klimakrise bedroht. Städte drohen im Meer zu versinken oder werden durch die Hitze unbewohnbar, an anderer Stelle brechen Deiche, die Sintflut kehrt wieder. Das prognostiziert die Wissenschaft und die Jugend fordert Taten. So geschehen vor kurzem am Ulmer Münster, wo junge Aktivisten aus dem Altdorfer Wald am Münster ein Transparent anbrachten mit der Frage: ‚Wäre Jesus Klimaaktivist?‘ Klar doch oder etwa nicht?

Jesus war jedenfalls kein Stadtmensch. Galiläa war ländlich geprägt, Jesus wanderte von Dorf zu Dorf und seine Gleichnisse sprechen von den Lilien auf dem Feld und den Vögeln des Himmels. Die Schöpfung und die Geschöpfe gering zu achten, heißt für Jesus, den Schöpfer zu vergessen oder gar sich vermessen an dessen Stelle zu setzen.

Die Schöpfung zu bewahren, ist christlicher Auftrag. Darüber zu predigen, reicht offensichtlich nicht. Was muss geschehen, um den göttlichen Auftrag zu erfüllen? Was kann Ihre Kirche dazu beitragen? Was können Sie der Jugend anbieten?

Papst Franziskus zeigt klare Linien auf, dass unser christlicher Glaube nicht nur Gabe, sondern auch Aufgabe ist. Ich kann allen nur sein Schreiben vom Herbst letzten Jahres als Lektüre empfehlen, welches er zum Erscheinen seiner Umweltenzyklika Laudato si vor zehn Jahren verfasst hat. Die kirchliche Jugendarbeit und der Religionsunterricht greifen das Schöpfungsthema immer wieder kreativ auf zum Beispiel im Projekt „Welt-fair-Änderer“ oder wie jüngst in Projekten der 72-Stunden-Aktion.

Baustellen allerorten, welche liegt Ihnen besonders am Herzen?

Dass wir das Bild vom Bau persönlich zu Ende denken. Wenn jeder seinen Stein raus zieht, fällt ein Gebäude zusammen; wenn er ihn als Teil einfügt, kann etwas großes Gemeinsames entstehen. Solidarität hat mit Verbindlichkeit und Verbundenheit zu tun und mit Synergie. Ich hoffe, dass die Baustellen in Kirche, Gesellschaft und Welt Kitt-Orte bleiben, wo Menschen sich konkret einbringen, mitbauen und aufbauen zum Wohl aller. Die Basilika als Gesamtkunstwerk jedenfalls spricht davon und steht dafür seit 300 Jahren.

Autor: Roland Reck



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