Skip to main content
Jüngling, Männlichkeit, Mensch – Abi Shek, Berthold Müller-Oerlinghausen.

Tübingen/Blaubeuren – Die Universität Tübingen und das Urgeschichtliche Museum Blaubeuren präsentieren eine Ausstellung zur Gegenwartskunst im Dialog mit Funden aus dem UNESCO-Weltkulturerbe der Alb. Die Ausstellung trägt den Titel „Eiszeitwesen. Moderne Perspektiven zur Eiszeitkunst“ und wird bis zum 12. Januar 2025 zu sehen sein.

Künstler gab es schon vor mehr als 40.000 Jahren. Sie schnitzten ausdrucksstarke Tier- und Menschenfiguren aus Mammutelfenbein und bemalten Höhlenwände mit lebhaften Jagdszenen, aber auch mit abstrakten Linien, Flächen und Formen. Der Drang, Artefakte zu kreieren und sie mit tieferem Sinn aufzuladen, zeichnet den Menschen seitdem aus. Den eiszeitlichen Kunstfunden aus dem UNESCO-Welterbegebiet „Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb“ stellt das Urgeschichtliche Museum Blaubeuren (urmu) nun die Werke von zehn international namhaften Gegenwartskünstlern gegenüber, die sich von den archaischen Motiven der frühen Jäger- und Sammlergesellschaften haben inspirieren lassen. 

ANZEIGE

„Als Forschungsmuseum sitzt das urmu am Puls der Wissenschaft: Unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse machen wir hier unmittelbar öffentlich“, sagt Professor Nicholas Conard, Tübinger Abteilungsleiter und zugleich wissenschaftlicher Direktor des urmu. „Glücklicherweise können wir hier aber auch darstellen, wie Urgeschichte fasziniert und wie heute kreative Köpfe auf Basis der eiszeitlichen Funde mit neuen Materialien neue, vollkommen unterschiedliche Kunstwerke schaffen.“

Bertram Bartl – Idole – Eiöltempera auf Leinwand. Fotos: URMU

Kunst, die unter die Haut geht

Begrüßt werden die Ausstellungsgäste von einer Reihe keramischer Wildtierplastiken, die urzeitlich und wie just archäologisch ausgegraben anmuten. Die Künstlerin Ule Ewelt hat sie ebenso deutlich stilisiert wie die berühmten Elfenbeinstatuetten aus den Höhlen der Schwäbischen Alb und hinterfragt die Beziehung von Eiszeitmensch und Tier. 

ANZEIGE

An nächster Stelle erfindet Lisa Moll auf oft runden und faltbaren Malgründen eigene Formen: Mal sehen sie organisch aus, mal wie mutierte Körperteile und mal sind sie Schriftfragmente. So entstehen Formulierungen und Performances, die Bezug auf Ausdrucksmöglichkeiten in der Kunst nehmen.

Der israelische Künstler Abi Shek ist mit Metallskulpturen und Holzschnitten vertreten, die in der Ausstellung an die Seite eiszeitlichen Schmucks und urgeschichtlicher Tierfiguren treten. Die silhouettenhaften Gestalten aus seiner Hand stehen der prähistorischen Kunst in einer modernen Formensprache gegenüber, die das Verhältnis von Mensch und Kultur thematisiert.

Mit der Technik der Radierung − dem Gravieren eines Motivs in eine Druckplatte – greift Jürgen Mack Steinzeitkunst an Höhlenwänden auf. Seine Jagdmotive entspringen seinen eigenen Erfahrungen mit experimenteller Archäologie und fügen sich zwischen archaischen Menschendarstellungen im Museum harmonisch ein. 

Bertram Bartl vermag es, in seinen jüngsten Gemälden zu irritieren: Mit der Verbindung weiblicher und männlicher Sexualorgane spielt er auf die in den altsteinzeitlichen Frauenfiguren und Phallusdarstellungen angelegten Fragen der Geschlechteridentität an. 

Zu überraschend massiven Figuren haben die eiszeitlichen Kleinkunstwerke Fabian Vogler inspiriert: Aus seinem Atelier stammen beispielsweise vier gewichtige Bronzebüsten. Sie stehen wie Wächterinnen um die Venus vom Hohle Fels − der mit einem Alter von 40.000 Jahren ältesten bekannten figürlichen Darstellung der Menschheit –, sind ebenso prall wie ihr vorgeschichtliches Vorbild und reihen sich in Voglers Arbeiten zum Thema geschlechtlicher Varianz ein. 

Ein wahrer Experte für Archäologie ist Friedrich Palmer. Mit großformatigen Kohlezeichnungen begibt er sich auf die Suche nach nicht nachweisbaren Gefühlen und Gedanken in archaischen Zeiten und stellt den Fakten archäologischer Forschung eine emotionale Ebene entgegen. 

„Strata“, italienisch für Schichten, heißt das international beachtete Film- und Performancekunstprojekt des Künstlerpaars Verena Stenke und Andrea Pagnes, alias VestAndPage − an Schauplätzen des UNESCO-Welterbegebiets gedreht. Wie in archäologischen Ausgrabungen ist es ihr Ansinnen, Vergangenes und Verborgenes aufzudecken. Schicht um Schicht, um Verbindungen des Menschen zu seiner Umgebung sichtbar zu machen. 

Der Körperkunst verschrieben hat sich schließlich Rhoda Fromme unter dem Label rhoda.tattoo. Fotos, Zeichnungen und auf Video aufgezeichnete Tattoosessions zeugen davon, wie sie Höhlenmalereien und Steinritzungen in eine Kunst umsetzt, die unter die Haut geht.

Tiefe Faszination

„Unser Zugang zur Eiszeitkunst von prähistorischer und archäologischer Seite ist von wissenschaftlicher Belegbarkeit dominiert“, sagt Professor Harald Floss von der Universität Tübingen, der sich seit Jahrzehnten intensiv mit Kunst befasst, die sich Inspirationen aus der Eiszeit holt. „Ich bin davon überzeugt, dass Wissenschaft nur ein Zugang ist.“ Die Künstler hätten einen eigenen Blick auf die Kunst von vor 40.000 Jahren und die damit verbundenen Themen und Techniken, sagt Floss: „Was sie an der Eiszeitkunst interessiert und wie sie sie als Inspirationsquelle nutzen, ist divers. Aber es vereinen sie Fragen wie etwa, wer wir als Homo sapiens sind, in welchem Verhältnis der Mensch zu seiner Umwelt steht und wie er sich in einer gemeinsamen menschlichen Ursprache ausdrücken kann.“  www.urmu.de



NEUESTE BLIX-BEITRÄGE

Editorial BLIX April 2025

Liebe Leserinnen, liebe Leser, „Schon wieder Bauernkrieg“ mag der eine oder die andere stöhnen. Richtig, das Thema beschäftigt BLIX schon seit längerem und immer wieder und nicht erst seit die Historie Thema einer Landesausstellung im Kloster Schussenried sein wird, die demnächst ihre Pforten öffnet. Die Anliegen der Bauern vor 500 Jahren waren existenziell und sind es heute noch. Es ging den Bauern um Teilhabe, Gerechtigkeit und Freiheit. Wer wollte bestreiten, dass dies auch ganz aktuell Th…

Großes Erinnern

Allgäu / Oberschwaben / Stuttgart – Vor 500 Jahren geschah im Allgäu und in Oberschwaben Unerhörtes. Wie in vielen anderen Regionen des Reiches erhoben sich auch zwischen Donau und Bodensee die Bauern gegen die Obrigkeit. Unter Berufung auf die Bibel forderten sie (Menschen-)Rechte ein. Heute gelten der Bauernkrieg und die „Zwölf Artikel“ als bedeutende Wegmarken zu einer demokratischen Gesellschaft. Überall in Deutschland, aber gerade auch in unserer Region, wird daher in diesem Jahr mit ein…

Es bedarf der Unruhe

Weingarten – Es geschah zu Ostern. In der Karwoche vor 500 Jahren brannte in Altdorf die Luft. 12.000 Bauern warteten gut positioniert auf den Hügeln hinter dem Klosterort, der heute Weingarten heißt, auf ihren Feind, den Truchsess Georg von Waldburg, Bauernjörg genannt. Der Feldherr des Schwäbischen Bundes, des Zusammenschlusses der adligen und kirchlichen Grundherren sowie der freien Reichsstädte mit Sitz in Ulm, zog von Bad Wurzach kommend, wo der Adelsmann über 2500 seiner eigenen Bauern …

„Es ist großartig“

Rot an der Rot – Vom 19. bis 21. März fanden erste Stellproben für das Jubiläumstheater „500 Jahre Bauernkrieg“ der Dollinger Realschule mit dem Baltringer Haufen in der Roter Pfarrkirche St. Verena statt: der imposante Auftakt eines großartigen Projektes. „Für die Freiheit! 1525-2025“

„Das Thema zermürbt uns“

Hochdorf – Die zwei maroden Brücken über die Riss und über die Bahn werden 2028 abgerissen und neu gebaut, für 18 bis 21 Monate ergießt sich während der Vollsperrung der gesamte Verkehr durch die umliegenden Gemeinden. 

Pure Passion

Ummendorf – Noch bis Ostersonntag sind in der Versöhnungskirche vier Passionszyklen höchst unterschiedlicher zeitgenössischer Künstler zu sehen. 

Die Schokolade im Wald

Ochsenhausen – Auf die Suche nach dem Frühling machten sich an einem Samstag Mitte März neun Kinder mit Mama, Papa oder Oma. Sie hatten viel Spaß und wurden fündig. 

Tierischer Spaß beim Osterbrunch

Blumenkohl-Lämmchen und Gurken-Häschen verhindern, dass Kinder sich beim Osterbrunch  nur auf Süßes stürzen.

Wenn Körper sprechen

Ravensburg – Die Ausstellung mit Skulpturen, Plastiken und Zeichnungen der polnischen Künstlerin Alina Szapocznikow ist persönlich bis zur Schmerzgrenze. Die Kuratorinnen Ute Stuffer, Direktorin des Museums, und Prof. Ursula Ströbele haben ihr den Titel „Körpersprachen“ gegeben.

Besonderer Hingucker

Kürnbach – Das Freilichtmuseum überrascht seine Besucherinnen und Besucher 2025 mit einem besonderen Hingucker: einem historischen Sodawasserkiosk aus dem Jahr 1900.

Magische Momente

Laupheim – Am 5. und 6. April laden die Laupheimer Fototage zu Multivisionsschauen, Fotoausstellungen, Workshops, Seminare und Fotomarkt ins Kulturhaus Schloss Großlaupheim ein.

Ab in den Garten!

Burgrieden-Rot – „Il faut cultiver notre jardin – Eine Reise in den Garten“  lautet der Titel der aktuellen Ausstellung im Museum Villa Rot. Inmitten des denkmalgeschützten Parks sprießen lebhafte Ideen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler. 

Wird es nochmal spannend?

Bayern München hat nach einem mickrigen Pünktchen aus den letzten beiden Partien zuhause gegen den VFL Bochum und bei Union Berlin nur noch 6 Punkte Vorsprung auf Bayer Leverkusen. Geht da noch was für die Elf von Xabi Alonso?

Neu im Kino: Blood & Sinners

Seit Jahren warten Fans des düsteren Vampirfilm-Genres auf die lang angekündigte Neuverfilmung von “Blade”, doch der schwarze Vampir-Jäger glänzt lediglich durch Abstinenz. Diese cineastische Lücke könnte nun Michael B. Jordan mit dem neuen Blutsauger-Streifen “Blood & Sinners” füllen. Am 17. April startet der action-geladene Horrorfilm in den deutschen Kinos.

Filmpreview: The Accountant 2

Christian Wolff (Ben Affleck), der brillante und zugleich gefährliche Buchhalter mit autistischen Zügen, ist zurück. Als Spezialist für Zahlen und Geldwäsche arbeitet er für die gefährlichsten Verbrecher der Welt. Stets im Schatten und immer einen Schritt voraus. Doch diesmal wird er tiefer in ein Netz aus Korruption, kriminellen Machenschaften und persönlichen Konflikten gezogen.

ANZEIGEN

BLIX-NEWSLETTER

VERANSTALTUNGEN

ALLGÄU-OBERSCHWABEN

Bad Wurzach – Im Jahre 1525 war Bad Wurzach einer der Brennpunkte, als der Bauernkrieg in Oberschwaben ausbrach. Um a…
Ravensburg – Am Donnerstag, 3. April, spricht Dr. Martina Gropp-Meier im Rahmen der Reihe “Treffpunkt Gesundheit” zum…
Wangen/Leutkirch – Abschalten vom täglichen Zeit- und Termindruck, zur Ruhe und in Einklang kommen, sich Energie hole…
Wolfegg – Das Bauernhaus-Museum Allgäu-Oberschwaben Wolfegg bietet im Mai ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm mit…
Altshausen – Strafrechtliche Konsequenzen kommen auf einen 45-Jährigen zu, der am Montag kurz vor Mitternacht zwei Re…