Bad Waldsee – Leicht macht sich der Künstler Axel F. Otterbach seine Arbeit nie, doch die Realisierung des EU Brückensteins war ein steiniger Weg. Nicht nur weil Granite, Kalksteine, Marmor und Dolomit einen acht Tonnen schweren Halbkreis bilden, sondern auch weil die Finanzierung recht schwierig war. Aber pünktlich zur Wahl ist sein Kunstwerk als Hommage an die Einheit Europas in Bad Waldsee zu finden.
Die Idee hatte der bekannte Bildhauer, Dozent und Galerist schon 2018, doch die Realisation dauerte lange. Zunächst musste ein Sponsor gefunden werden und zuletzt ein geeigneter Standort. Die Form des am Boden flach gebogenen, aus konisch zulaufenden Segmenten bestehenden Bogens stellte er zunächst in mehreren Modellen aus Marmor und Bronze dar. Schließlich waren es 28 Teile – nach dem Brexit nur noch 27 – also für jedes Land in Europa ein Stein. Auf die Frage wie er zu den Steinen kam, holt Otterbach aus. „Die Fachzeitschrift NATURSTEIN hatte im Vorfeld einen großen Bericht mit Modellfoto über das Vorhaben gebracht und unter den Steinhändlern einen Aufruf gestartet, mir bei der Suche beziehungsweise Findung der 27 Steine aus den Mitgliedstaaten der EU behilflich zu sein. Anfangs verlief es etwas schleppend, bis sich Max Schedl, damals noch Mitarbeiter der italienischen Firma Ca‘d‘oro, heute selbstständig, dahinter klemmte, alle Steine zu besorgen. Alle, bis auf einen Stein aus den Niederlanden, wo er nicht fündig wurde.“ Da gab der Künstler natürlich nicht auf, sondern wurde kreativ: „Ich habe eine Holzform von dem geplanten Stein machen lassen und in diesen eine Betonmischung aus feinem Sand, Farbpigmenten und unterschiedlichen Zementmassen eingegossen und nach der Aushärtung ausgeschalt.“ Er war sich nicht immer bewusst, welches Material ihm zugesandt wurde. Bei manchen Ländern hingegen schon: „Der Stein aus Deutschland kommt aus Tittling im Bayerischen Wald und ist ein Granit“.
Und welcher Stein kam wo zu liegen? Da ging Otterbach ganz praktisch vor. „Die Anordnung der Steine erfolgte unter anderem auch nach dem Härtegrad der untersten Steine (Granite), die, ins Fundament gedübelt, auch den größten Druck aushalten. Die übrigen Steine sitzen lose aneinander und erreichen den Zusammenhalt durch den Verbund, wie bei einem gotischen Gewölbe. Weichere Gesteine sind zwischen Hartgesteine nach optischen und pragmatischen Kriterien wie Verwitterungsresistenz gepackt worden. Die Fugensteine sind wiederum aus grauem Granit.“ Es wurden also keine Beitrittsdaten, politischen oder geografischen Aspekte berücksichtigt. „Die Skulptur steht auf einer mit poliertem schwarzem Granit belegten Grundplatte mit sechs Metern Durchmesser und spiegelt sich darin. Dadurch schließt sich die Form optisch“, erläutert Otterbach. „Gearbeitet habe ich zusammen mit meinem Ex-Schüler und Kollegen Frieder Kobler beim Steinwerk Joser in Leutkirch, der auch die Sägearbeiten an den unterschiedlichen Steinen durchgeführt hatte und bei der Montage mit notwendigem Gerät behilflich war.“
Eine Herausforderung war auch die Finanzierung des Kunstwerks. Altbürgermeister Rudolf Forcher ermutigte ihn, als er fast schon aufgeben wollte, bei der Stiftung Fränkel Friedrichshafen anzufragen, wo er auf Peter Buck stieß. Dessen Bedingung war lediglich der Standort Bad Waldsee, da Stiftungsgründer Martin Fränkel aus Waldsee stammte und dort 1888 sein erstes Haushaltswaren-Geschäft aufbaute. Die Stiftung übernahm alle Kosten in über sechsstelliger Höhe.
Nun steht der EU Brückenstein am Grabenmühlplatz vor mächtigen Bäumen. Am 28.April wurde mit einem Festakt das Projekt „Altstadt für Alle“ in Bad Waldsee, vom Bund mit 4,5 Millionen gefördert, in Anwesenheit von viel Politikprominenz abgeschlossen. Dabei wurde auch rechtzeitig vor der Europawahl am 9. Juni Otterbachs EU Brückenstein der Bevölkerung übergeben. Auf die Frage, was Europa ihm persönlich bedeutet, sagt der 1948 in Isny geborene Allgäuer: „Der EU Brückenstein steht für mich als Verbindungselement, nach dem Motto: Lasst uns Brücken bauen, keine Mauern! Er steht für ein Vereintes Europa. Das Thema ist aktueller denn je.“ Weitere
Infos: www.axel-otterbach.de
Autorin: Andrea Reck