Skip to main content
Die Meinung des Publikums ist gefragt. Fotos: Andrea Reck

Hittisau. Wie hängen Konsum und Nachhaltigkeit, Mode und Geschlecht zusammen? Was macht Mode mit uns und was  machen wir mit ihr? Das Frauenmuseum im Vorarlberger Hittisau versucht mit der Ausstellung „Stoff/Wechsel“ eine Antwort. 

Europäerinnen  kaufen pro Jahr durchschnittlich 60 Kleidungsstücke, von denen ein Großteil bald wieder entsorgt wird. Unsere Konsumgewohnheiten schaden der Umwelt und den Menschen, meist Frauen, die in der Textilproduktion arbeiten.  Seit 2000 beschäftigt sich das Frauenmuseum in Hittisau mit Frauengeschichte und Frauenkultur. Zum 25jährigen Jubiläum zeigt es die Ausstellung „Stoff/Wechsel“, die basiert auf der Ausstellung „Critical Consumption“ des Museums für angewandte Kunst (MAK) in Wien. Andrea Schwarzmann, zuständig für Marketing und Presse, erklärt: „Wir haben die Ausstellung zweigeteilt und erweitert um einen regionalen Schwerpunkt. Vorarlberg hat eine lange Textiltradition, auch in Hittisau gab es ein großes Werk. Heute bezeichnet sich das Bundeland als textiles Silikon-Valley und forscht viel zu Fasern aller Art.“ Die Ausstellung arbeitet mit textilen Exponaten, mit Videos und mit vielen Texten. Und sie lädt zum Mitmachen ein. Gleich zu Beginn etwa soll man/frau im eigenen T-Shirt nachschauen, wo es hergestellt wurde und auf die Karte einen entsprechenden pinkfarbenen Punkt kleben. Derzeit liegen China und Bangladesch etwa gleichauf. Gegenüber finden sich Stoffproben zum Anfassen, etwa Polyester, das Mikroplastik generiert, neben dem ungleich seltener verwendeten umweltfreundlichen Brennnesselstoff. Am Ende des Ganges prangt die Frage „Was fällt dir zu deinem Kleiderschrank ein?“ umgeben von zahllosen teils selbstkritischen Zetteln, die Besucherinnen gepostet haben. Daneben die Info, dass der Textilsektor 2020 die drittgrößte Ursache für Wasserverschmutzung und Flächenverbrauch war. Es wurden im Durchschnitt pro Jahr 9000 Liter Wasser, 4000 Quadratmeter Land und 391 Kilo Rohstoffe verbraucht,  um Kleidung und Schuhe für eine EU-Bürgerin herzustellen. „Die Ausstellung rüttelt auf“, beobachtet Schwarzmann, „es entsteht eine Schuldfrage. Wir sind schließlich alle Mitverursachende von Umweltproblemen und sozialen Konflikten.“

ANZEIGE
Hittisau hat weltweit das einzige Frauenmuseum im ländlichen Raum.

Die Ausstellung ist konzipiert als kritischer Blick auf Fast Fashion und als Aufruf zu bewusstem Konsum. Doch statt die Moralkeule zu schwingen, bietet sie vor allem viele Informationen. Etwa, dass ein T-Shirt fast 40.000 Kilometer unterwegs ist vom Pflücken der Baumwolle etwa in Ägypten oder den USA, dem Spinnen in der Türkei, der Stoffproduktion in Taiwan, dem Bleichen und Färben in China bis zum Nähen in Bangladesch. Aussortiert landet es dann auf Deponien (davon zeugt ein Foto von Ulrike Köb bereits auf der Treppe) oder auf dem Markt in Sambia. Die österreichische Künstlerin Ines Doujak thematisiert in ihrem multimedialen Werk „fires“ die häufigen Brände in Textilfabriken, der chinesische Dokumentarfilmer Wang Bing den Alltag von Wanderarbeitern in Huzhuo. In der ganzen Ausstellung verteilt liegen gepresste Altkleider, die als Hocker dienen. Das Nest Collective aus Nairobi beleuchtet mit Film, Fotografie und Installation Themen wie Identität, Globalisierung und postkoloniale Geschichte. 

Zur Zeit der Aufklärung um 1700 erhielt Luxus, zuvor mit Verschwendung und Todsünde assoziiert, in Europa erstmals eine positive Bedeutung. Dabei hing der wachsende Wohlstand auch mit der Textilproduktion zusammen. Großbritannien etwa nutzte Rohmaterial aus den Kolonien und verbot den Import ausländischer Textilien. 1786 erschien die erste monatliche Modezeitschrift im deutschsprachigen Raum. Im 19. Jahrhundert wurden durch die Industrialisierung in Handarbeit hergestellte Textilien wirtschaftlich unbedeutend. Nähen flicken und verzieren gehörten immer mehr zur unbezahlten Care-Arbeit, die Frauen im privaten Raum leisteten. 

ANZEIGE

Ein Papierkleid von Andy Warhol aus den 60ern ist ebenso ausgestellt wie eine von der Künstlerin Celia Pym 2023 in London in der Technik des Visible Mending ausgebesserte Strickjacke. Es gibt viel zu schauen.

Aber die Sicht auf die Ausstellung dürfte sehr unterschiedlich ausfallen. Die eingangs erwähnten jährlich gekauften 60 Kleidungsstücke kommentierte BLIX-Praktikantin Elena Mahl: „So viele habe ich insgesamt nicht“, wundert sich die 15-jährige Gymnasiastin. Sie findet besonders erschreckend, „wie viel Chemie, Wasserverbrauch und freigesetztes CO₂ in unseren T-Shirts steckt“. Dabei variiert dies stark nach verwendetem Stoff. Während Baumwolle sehr viel Wasser verbraucht, ist das häufig genutzte Polyester nicht biologisch abbaubar und verursacht viel CO₂ bei der Produktion. Für das Bleichen und Färben der meisten Stoffe wird viel Chemie verwendet, was erheblich zur Verschmutzung von Gewässern führt.

Die Ausstellung spricht durchaus verschiedene Generationen an und dürfte das Kaufverhalten mancher Besucherin ein wenig verändern. 

Öffnungszeiten: Di bis So 10 – 17 Uhr. Die Ausstellung läuft bis 31.10.2025. Einstündige Führungen jeden Montag, 18. Uhr und jeden Donnerstag um 9.30 Uhr. Die Ausstellung läuft bis 31.10.2025. www.frauenmuseum.at  

Autorin: Andrea Reck



NEUESTE BLIX-BEITRÄGE

Editorial BLIX April 2025

Liebe Leserinnen, liebe Leser, „Schon wieder Bauernkrieg“ mag der eine oder die andere stöhnen. Richtig, das Thema beschäftigt BLIX schon seit längerem und immer wieder und nicht erst seit die Historie Thema einer Landesausstellung im Kloster Schussenried sein wird, die demnächst ihre Pforten öffnet. Die Anliegen der Bauern vor 500 Jahren waren existenziell und sind es heute noch. Es ging den Bauern um Teilhabe, Gerechtigkeit und Freiheit. Wer wollte bestreiten, dass dies auch ganz aktuell Th…

Großes Erinnern

Allgäu / Oberschwaben / Stuttgart – Vor 500 Jahren geschah im Allgäu und in Oberschwaben Unerhörtes. Wie in vielen anderen Regionen des Reiches erhoben sich auch zwischen Donau und Bodensee die Bauern gegen die Obrigkeit. Unter Berufung auf die Bibel forderten sie (Menschen-)Rechte ein. Heute gelten der Bauernkrieg und die „Zwölf Artikel“ als bedeutende Wegmarken zu einer demokratischen Gesellschaft. Überall in Deutschland, aber gerade auch in unserer Region, wird daher in diesem Jahr mit ein…

Es bedarf der Unruhe

Weingarten – Es geschah zu Ostern. In der Karwoche vor 500 Jahren brannte in Altdorf die Luft. 12.000 Bauern warteten gut positioniert auf den Hügeln hinter dem Klosterort, der heute Weingarten heißt, auf ihren Feind, den Truchsess Georg von Waldburg, Bauernjörg genannt. Der Feldherr des Schwäbischen Bundes, des Zusammenschlusses der adligen und kirchlichen Grundherren sowie der freien Reichsstädte mit Sitz in Ulm, zog von Bad Wurzach kommend, wo der Adelsmann über 2500 seiner eigenen Bauern …

„Es ist großartig“

Rot an der Rot – Vom 19. bis 21. März fanden erste Stellproben für das Jubiläumstheater „500 Jahre Bauernkrieg“ der Dollinger Realschule mit dem Baltringer Haufen in der Roter Pfarrkirche St. Verena statt: der imposante Auftakt eines großartigen Projektes. „Für die Freiheit! 1525-2025“

„Das Thema zermürbt uns“

Hochdorf – Die zwei maroden Brücken über die Riss und über die Bahn werden 2028 abgerissen und neu gebaut, für 18 bis 21 Monate ergießt sich während der Vollsperrung der gesamte Verkehr durch die umliegenden Gemeinden. 

Pure Passion

Ummendorf – Noch bis Ostersonntag sind in der Versöhnungskirche vier Passionszyklen höchst unterschiedlicher zeitgenössischer Künstler zu sehen. 

Die Schokolade im Wald

Ochsenhausen – Auf die Suche nach dem Frühling machten sich an einem Samstag Mitte März neun Kinder mit Mama, Papa oder Oma. Sie hatten viel Spaß und wurden fündig. 

Tierischer Spaß beim Osterbrunch

Blumenkohl-Lämmchen und Gurken-Häschen verhindern, dass Kinder sich beim Osterbrunch  nur auf Süßes stürzen.

Wenn Körper sprechen

Ravensburg – Die Ausstellung mit Skulpturen, Plastiken und Zeichnungen der polnischen Künstlerin Alina Szapocznikow ist persönlich bis zur Schmerzgrenze. Die Kuratorinnen Ute Stuffer, Direktorin des Museums, und Prof. Ursula Ströbele haben ihr den Titel „Körpersprachen“ gegeben.

Besonderer Hingucker

Kürnbach – Das Freilichtmuseum überrascht seine Besucherinnen und Besucher 2025 mit einem besonderen Hingucker: einem historischen Sodawasserkiosk aus dem Jahr 1900.

Magische Momente

Laupheim – Am 5. und 6. April laden die Laupheimer Fototage zu Multivisionsschauen, Fotoausstellungen, Workshops, Seminare und Fotomarkt ins Kulturhaus Schloss Großlaupheim ein.

Ab in den Garten!

Burgrieden-Rot – „Il faut cultiver notre jardin – Eine Reise in den Garten“  lautet der Titel der aktuellen Ausstellung im Museum Villa Rot. Inmitten des denkmalgeschützten Parks sprießen lebhafte Ideen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler. 

Wird es nochmal spannend?

Bayern München hat nach einem mickrigen Pünktchen aus den letzten beiden Partien zuhause gegen den VFL Bochum und bei Union Berlin nur noch 6 Punkte Vorsprung auf Bayer Leverkusen. Geht da noch was für die Elf von Xabi Alonso?

Neu im Kino: Blood & Sinners

Seit Jahren warten Fans des düsteren Vampirfilm-Genres auf die lang angekündigte Neuverfilmung von “Blade”, doch der schwarze Vampir-Jäger glänzt lediglich durch Abstinenz. Diese cineastische Lücke könnte nun Michael B. Jordan mit dem neuen Blutsauger-Streifen “Blood & Sinners” füllen. Am 17. April startet der action-geladene Horrorfilm in den deutschen Kinos.

Filmpreview: The Accountant 2

Christian Wolff (Ben Affleck), der brillante und zugleich gefährliche Buchhalter mit autistischen Zügen, ist zurück. Als Spezialist für Zahlen und Geldwäsche arbeitet er für die gefährlichsten Verbrecher der Welt. Stets im Schatten und immer einen Schritt voraus. Doch diesmal wird er tiefer in ein Netz aus Korruption, kriminellen Machenschaften und persönlichen Konflikten gezogen.

ANZEIGEN

BLIX-NEWSLETTER

VERANSTALTUNGEN

ALLGÄU-OBERSCHWABEN

Wangen/Leutkirch – Abschalten vom täglichen Zeit- und Termindruck, zur Ruhe und in Einklang kommen, sich Energie hole…
Wolfegg – Das Bauernhaus-Museum Allgäu-Oberschwaben Wolfegg bietet im Mai ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm mit…
Altshausen – Strafrechtliche Konsequenzen kommen auf einen 45-Jährigen zu, der am Montag kurz vor Mitternacht zwei Re…
Wangen / Leutkirch – Rechtzeitig zur Radsaison und den ersten Frühlingsstrahlen ist eine neue Radbroschüre der RadRei…
Aitrach – Beim 35. Gisoton-Seminar in Aitrach war diesmal die prominente Wetterfee Claudia Kleinert zu Gast. Die aus …