Burgrieden-Rot – „Il faut cultiver notre jardin – Eine Reise in den Garten“ lautet der Titel der aktuellen Ausstellung im Museum Villa Rot. Inmitten des denkmalgeschützten Parks sprießen lebhafte Ideen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler.
Dass in der aktuellen Ausstellung im Museum Villa Rot nicht Gartenfreunden Handreichungen zur Bewirtschaftung ihrer Gemüsebeete geboten werden, war zu erwarten. Erstaunlich aber, wie vielseitig die Positionen der Künstlerinnen und Künstler zu diesem Thema ausfallen.
Zur Vernissage am 9. März, einem strahlenden Frühlingstag, drängten sich viel mehr Kunstinteressierte als der Raum fassen konnte. Eilig wurden alle verfügbaren Stühle und Hocker ins Foyer und in den Anbau gebracht. Sabine Heilig, promovierte Kunsthistorikerin und seit Ende 2023 künstlerische Leiterin des schmucken Hauses, begrüßte besonders den Vorstandsvorsitzenden Willi Siber und Stefanie Dathe und freute sich, dass alle zehn Künstlerinnen und Künstler anwesend waren.

Schon zu Beginn war Voltaire zitiert worden, einer der einflussreichsten Autoren der europäischen Aufklärung, mit dem Schlusswort seines Werkes „Candide oder Der Optimismus“, wonach man „seinen Garten bestellen müsse“, was bedeute, jeder Mensch solle seinen Beitrag dazu leisten, die Gesellschaft zu verbessern. Nun berichtete Heilig zunächst über die Anlage des Gartens der Villa Rot. Ganz im Stile des Englischen Landschaftsgartens gelte bis heute, dass der Garten alle Sinne ansprechen solle. Der 1,2 Hektar große Park, der mit seiner Kastanienallee den Blick aufs Gebäude so wirkungsvoll inszeniert, ist ideal für diese Ausstellung. Die Besucher sahen sich schon beim Weg zum Haus konfrontiert mit den witzig verfremdeten Versatzstücken handelsüblicher grüner Gießkannen.
Heilig verwies auf die Kunst des Impressionismus mit seinem berühmten Vertreter Claude Monet, der so meisterhaft Bilder aus seinem privaten Garten gemalt hat. Die aktuelle Ausstellung widme sich den aktuellen Fragen an die Kunst: Was ist Natur heute? Wie hat sie sich verändert? Was machen wir damit?
Einige der präsentierten Arbeiten beschäftigen sich mit der Gefährdung der Natur, zum Beispiel der Blütenbestäubung in China, die von Bienen nicht mehr bewältigt werden kann. Mit wenigen Sätzen umriss die Kunsthistorikerin die unterschiedlichen Werke, etwa die cyanblauen Exponate von Anita Schindler, die in der Tradition historischer Kunst- und Wunderkammern stünden.
Alle Kunstschaffenden wurden kurz vorgestellt, zwischendurch erklangen leise Sequenzen mit Vogelgezwitscher. Ein Hahnenschrei eröffnete die Ausstellung, zu der es ein sehr vielseitiges Begleitprogramm gibt: neben einem Künstlergespräch mit anschließendem Picknick, einem vegetarischen Frühsommer-Menü im Park oder Yoga im Park für alle, etwa ein ARTCAMP für Jugendliche in den Osterferien.
Die Ausstellung dauert bis 15. Juni. Sie hat geöffnet Do. bis Sa. von 14 – 17 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 11-17 Uhr. www.villa-rot.de
Über die Arbeit im Garten
Angeblich gibt es in China ein Sprichwort, das lautet: „Gib einem Mann eine Flasche Wein, und er ist einen Tag lang glücklich. Gib ihm eine Frau, und er ist ein Jahr lang glücklich. Gib ihm einen Garten, und er ist ein Leben lang glücklich.“

Wie anstrengend aber oft auch erfüllend die Arbeit im Garten ist, erleben viele von uns. Auch den deutsch-koreanischen Philosophen Byung-Chul Han macht sein Garten glücklich. Byung-Chul Han, der 1959 in Seoul geborene Philosoph, Kulturwissenschaftler und Autor, studierte in Freiburg und München Philosophie, deutschsprachige Literatur und katholische Theologie und wurde 1994 mit einer Studie über Heidegger promoviert. Bis 2010 war er Privatdozent am philosophischen Seminar Basel. Von 2012 bis 2017 lehrte Han als Professor für Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität der Künste Berlin. Mittlerweile lebt Han in Berlin. Er hat die Kuratorin der Villa Rot zur aktuellen Ausstellung inspiriert. Insbesondere sein aktuelles Buch „Lob der Erde. Eine Reise in den Garten.“ Der international renommierte Philosoph Byung-Chul Han widmet sich hier ganz der Schönheit der Erde und der Natur. Ein ungewöhnliches Buch über die Arbeit im Garten, über Jahreszeiten und die Romantik, über ein verändertes Zeitgefühl, Kants „Kritik der reinen Vernunft“ und Schuberts „Winterreise“.
Eines Tages fasst Byung-Chul Han den Entschluss, sich täglich der Gartenarbeit zu widmen. Drei Frühlinge, Sommer, Herbste und Winter tut er dies. Seinen Berliner Garten nennt er Bi-Won (koreanisch: Geheimer Garten). Je länger er dort verweilt, desto mehr Respekt bekommt er vor der Schönheit der Erde. Er erfährt, was Fürsorge bedeutet und dass der Garten, ja jede Pflanze ein eigenes Zeitbewusstsein hat. Er lernt wieder, über die Erde zu staunen, über ihre Fremdheit, über ihre Einmaligkeit. Seine Philosophie des Gartens ist ein Liebesbekenntnis an die Erde und die Natur und ein Aufruf an die Menschheit, sie zu schonen.
Das Buch ist erschienen im Ullstein Verlag und kostet 24,99 €. ISBN 3550050380
Autorin: Andrea Reck
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