Skip to main content
von links: Julia Tietze, Susanne Barth und Martha Wahl. Fotos: Andrea Reck

Biberach – Rund 500 Menschen unter 25 Jahren nehmen sich in Deutschland jährlich das Leben. Selbsthilfegruppen für Angehörige bieten Hilfe, ebenso notwendig sind  Prävention und Aufklärung. Einen Beitrag hierzu möchte auch die Veranstaltungsreihe zum  Welttag der Suizidprävention (10. September) leisten, in deren Rahmen das berührende Theaterstück  „All das Schöne“ zu sehen ist, am 14. September, Martin-Luther-Saal, Waldseer Str. 20, Biberach. 

Wer selbst ein Kind verloren hat kann sich hineinversetzen in Eltern, die das Gleiche erleben mussten. Dabei ist der Tod durch Suizid mit einem besonderen Tabu behaftet. Erst fünf Jahre nach dem Tod ihres Sohnes vermochte Susanne Barth, mit diesem Schicksal „nach außen zu gehen“. Die Frage, wie man jungen Menschen in Krisen beistehen kann, wurde ihr dabei zur Herzensangelegenheit. Zusammen mit  Martha Wahl, Fachärztin für Psychiatrie im ZfP Bad Schussenried, besuchte sie eine Tagung der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) in Dresden, auf der sich [U25], ein besonders niederschwelliges Beratungsangebot von Gleichaltrigen, vorstellte. So genannte „Peers“, die zwischen 16 und 25 Jahre alt sind, stehen nach entsprechender Schulung deutschlandweit in Mailkontakt mit Hilfesuchenden, die dabei ihre Anonymität wahren können.

ANZEIGE

Beim Gespräch in den Räumen des GPZ in Biberach bestätigt Julia Tietze vom [U25]-Team der Caritas Biberach/Bad Saulgau: „Gleichaltrige von der Präventionsgruppe haben einen ganz direkten Zugang“. In drei Viertel der eingehenden Mails geht es um Suizidgedanken, oft in Zusammenhang mit Beziehungsproblemen oder der Ablösung von den Eltern. Besonders viele Mails treffen in Prüfungszeiten ein, vermehrt geht es zudem um Geschlechtsidentitäten. Derzeit ist auch Magersucht ein großes Thema. „Wir üben bei unseren dreimonatigen Schulungen intensiv das Schreiben von Mails und reflektieren auch den Umgang mit eigenen Problemen. Derzeit haben wir im Landkreis Biberach 23 Peers, die sich auch zum Austausch treffen. Wir drei Hauptamtlichen von der Caritas bieten auch Veranstaltungen in Schulen an.“  Tietze schreibt gerade ihre Masterarbeit in Gender Studies zum Thema Suizid. 70 Prozent aller Suizide werden von Männern vollzogen, weiß sie. Männer suchen weniger oft Hilfe. „Sensible Jungen und Männer haben es besonders schwer“, bestätigt Barth.   „Suizide sind bei den unter 25-Jährigen die häufigste Todesursache, noch vor Verkehrsunfällen.“ Darunter sind auch Selbsttötungen  von unter Sechzehnjährigen. Insgesamt nehmen sich in Deutschland jedes Jahr ungefähr 10.000 Menschen das Leben. Experten schätzen zudem, dass auf einen Suizid statistisch gesehen zehn bis zwanzig Suizidversuche gehen. 

Trauriges Zeugnis einer Verzweiflungstat.

Noch immer ein Tabu-Thema

Martha Wahl hat zusammen mit Monika Fritschle 2011 in Biberach die Selbsthilfe­gruppe AGUS, Angehörige um Suizid, gegründet, bei der auch Susanne Barth Mitglied ist. Mit dem Thema Suizid war Martha Wahl bereits durch ihren Beruf als Fachärztin für Psychiatrie häufig konfrontiert, doch erst nachdem sich ihr Mann das Leben genommen hatte, konnte sie ermessen, wie tief ein Verlust durch Suizid das Leben erschüttert. Sie vermeidet es, von Selbstmord zu sprechen, ist doch Mord eine moralisch verwerfliche Tat. Doch wenn ein Mensch sich selbst tötet, geschieht dies nicht in böser Gesinnung, sondern aus innerer Verzweiflung und dem Gefühl der Ausweglosigkeit. Die Bezeichnungen Selbsttötung oder Suizid seien angebrachter. Angehörige haben, wie die Ärztin betont, ein deutlich erhöhtes Suizid-Risiko. Selbsttötung ist nach wie vor ein Tabu-Thema. “Noch immer ist jede Krankheit und auch jeder Unfall in der Gesellschaft akzeptierter als Suizid“, bestätigt Susanne Barth. „Da wird schon mal getuschelt, dass in der Familie ja wohl etwas nicht gestimmt haben kann.“ Austausch mit Menschen, die Ähnliches erlebt haben, kann da eine große Hilfe sein. Selbst Therapeuten hätten im Umgang mit Trauer wenig Erfahrung. „Trauer ist doch keine Krankheit“, meint Martha Wahl, sondern eine ganz natürliche Reaktion.  

ANZEIGE

„Das Ein-Mann-Theater „All das Schöne“, zu dem wir am 14. September um 19 Uhr einladen, ein Gastspiel des Forum Theaters Stuttgart, ist einfühlsam, berührend und trotz allem lebensbejahend“, freut sich Susanne Barth. Am 17. September läuft im Gemeindehaus Bad Schussenried der Film „Der letzte schöne Tag“. Im dem lebensnahen Fernsehfilm geht es darum, wie eine Familie auf den Suizidtod der Mutter reagiert. Sowohl nach dem Theaterstück als auch nach dem Film gibt es die Möglichkeit zum Gespräch. 

Ein kreatives Projekt von [U25] mit den Peers und dem bekannten Biberacher Street-Art-Künstler Daschu soll im Rahmen des Welttages für Suizidprävention vor dem Gebäude des Gemeindepsychiatrischen Zentrums (GPZ) in der Saulgauer Straße in Biberach stattfinden. Exponate sind auch beim Tag der Offenen Tür der Caritas am
12. Oktober zu sehen. 

INFO
So funktioniert die online-Beratung von [U25]: Die Beratung ist kostenlos und vertraulich und  wird durch speziell ausgebildete ehrenamtliche Gleichaltrige („Peers“) durchgeführt. Ratsuchende melden sich mit einem Nicknamen und Passwort an und erhalten innerhalb von zwei Tagen Antwort.
Infos unter: www.u25-biberach.de 
AGUS, die Selbsthilfegruppe Angehörige um Suizid ist zu erreichen unter www.agus-selbsthilfe.de
Das Gemeindepsychiatrische Zentrum informiert unter: www.gpz-biberach.de.

Autorin: Andrea Reck



NEUESTE BLIX-BEITRÄGE

Editorial BLIX Januar/Februar 2025

Liebe Leserinnen, liebe Leser, das Jahr 2024 ist Geschichte. Es war anstrengend, wie ich finde. Also freuen wir uns auf das neue Jahr 2025 und hoffen auf Leichterung. Und bevor ich jetzt gleich wieder gegen meinen Skeptizismus ankämpfe, will ich mich bedanken:
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

Jahresillustration 2025

Zum schmunzeln und nachdenken. Von unserem Illustrator Michael Weißhaupt.
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

Ahnungslos

Die Aufgabe lautete: mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) eine autokratische Person zu kreieren, die sich um den Job des Bundeskanzlers bewirbt. Sechs ExpertInnen fanden sich im Auftrag des SWR dafür in einem Studio in Hamburg zusammen, um dieses Experiment vor laufender Kamera zu wagen. Florian Vögtle ist einer davon. Der Multimedia-Unternehmer aus Aulendorf ist als Social-Media-Experte gefragt und dafür verantwortlich, dass der virtuelle Bundeskanzlerkandidat über die diversen Internet-Ka…
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

Auf dem Weg „zur Hölle“

Weingarten – „Die Digitalisierung überrennt Gesellschaft, Unternehmen und jeden Einzelnen von uns mit unvorstellbarer Dynamik und Wucht. Während manche Auswirkungen in unserem Alltag sichtbar und spürbar sind, bleibt vieles andere vage und im Verborgenen“, erklärt Prof. Bela Mutschler in seinem Blog und benutzt das Bild eines Eisbergs, um die Situation zu beschreiben. „Gesellschaft, Unternehmen und Individuen sehen vor allem das, was über der Wasseroberfläche zu erkennen ist“, und damit …
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

„Wir wollen keine Verbotskultur“

Allgäu / Oberschwaben – Nicht alle sehen das geplante Biosphärengebiet Allgäu-Oberschwaben als Chance für Mensch, Tier, Natur und Umwelt. Eine Allianz von Forstbesitzern und Landeigentümern formierte sich während des breit angelegten Prüfprozesses gegen das Projekt. 
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

Irregeleitet

Ravensburg – Der Sturm um das Glashaus hat sich noch nicht gelegt, sollte die Hoffnung bestanden haben. Die Diskussion um die Rechtsdrift der Schwäbischen Zeitung hält an. Nachdem die KollegInnen von der Süddeutschen über die taz bis zur ZEIT und FAZ der Chefredaktion in Ravensburg ein schlechtes Zeugnis für gefällige Interviews mit AfD-Mann Krah und dem Rechtsaußen Maaßen ausstellten und fleißig in der miesen Stimmung im Glashaus rührten, rumort es in der Leserschaft weiter. Der folgende Off…
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

Glänzende Aussichten

Biberach – Die „Oma & Opas for Future Biberach“ veranstalten im Januar die Karikaturenausstellung „Glänzende Aussichten“. 
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

„Kein Platz für Gewalt gegen Frauen“

Aulendorf – Im Landkreis Ravensburg werden demnächst 13 rote Bänke als sichtbare Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu finden sein – den Anfang machte Aulendorf, wo darüber öffentlich informiert wurde.
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

Kunst kennt keine Grenzen

Mochenwangen / Baienfurt – Der Mann ist vielbeschäftigt – immer noch. Egon Woblick ist Fotograf, der gleich zwei Ausstellungen – im Januar in Mochenwangen und im Februar in Baienfurt – bestreitet, und 90 Jahre alt ist. Woblick blickt dabei auf sein Lebenswerk zurück und tut dies in Baienfurt gemeinsam mit der Künstlerin Maria Niermann-Schubert. Eine Ausstellung ganz besonderer Art.
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

„Ich wollte, du und ich …“

Attenweiler – Am 22. Januar jährt sich der 80. Todestag von Else Lasker-Schüler, der Dichterin schönster Liebesgedichte. Als Hommage an sie vertonte der in Jerusalem geborene und in Berlin lebende Tenor und Kantor Yoëd Sorek einige ihrer Gedichte. Er trägt sie vor bei der Ausstellung „Ich wollte, du und ich …“ der Künstlerin Marlis E. Glaser. 
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

Besuch im „Hotel Silber“

Stuttgart – Ein Ort der Erinnerungen, kaum bekannt, wie eine Umfrage in meinem Umfeld ergab. In der Weimarer Republik war das ehemalige „Hotel Silber“ von 1928 bis 1933 das Zentrum der Politischen Polizei; nahtlos wurde es unter den Nazis zum Zentrum der Geheimen Staatspolizei, GESTAPO, von Württemberg-Hohenzollern. In der Sonderausstellung „GESTAPO vor Gericht. Die Verfolgung von NS-Verbreche(r)n“ wird eine fast durchgehend skandalöse Phase der westdeutschen Nachkriegsjustiz exzellent reche…
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

Bilder, die anstoßen

Berg in der Pfalz – Kaum war der Besuch fort, kam die Unbill. Der Künstler Hermann Weber ist Bauernjunge aus Mettenberg bei Biberach und lebt und arbeitet in Berg in der Pfalz, nahe der französischen Grenze. Es ist für den 65-Jährigen mit seinem Hund Bruno ein Rückzugsort, wo er gerne auch Gäste empfängt.
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

Müller-Meier oder Müller Meier 

Wie heißen wir nach der Hochzeit? Ab Mai kann laut liberalisiertem Namensrecht auch ein aus den Familiennamen beider Ehegatten gebildeter Doppelname als Ehename bestimmt werden. 
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

„Wir wollen Alternativen aufzeigen“

Der vom Ulmer Hirnforscher Prof. Manfred Spitzer vor Jahren geprägte Begriff der „digitalen Demenz“ wird nicht von allen Medienpsychologen geteilt. Aber gerade erst sprachen sich Augsburger Pädagogen für ein Handy-Verbot in Schulen aus. Wie gehen die Schulen in der Region damit um? 
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

Sonnenenergie vom Balkon 

Biberach – Die Kosten für ein Steckersolar-Gerät sind überschaubar. Doch bei Fragen, was es beim Kauf und der Montage zu beachten gilt, sollte man sich von Experten beraten lassen. Zum Beispiel am 15. Januar um 19 Uhr in Biberach im Gemeindehaus St. Martin, Kirchplatz 3-4.
erschienen in: BLIX Januar/Februar 2025

ANZEIGEN

BLIX-NEWSLETTER

VERANSTALTUNGEN

ALLGÄU-OBERSCHWABEN

Isny – Am Donnerstag, 30. Januar, steht Ihnen Bürgermeister Rainer Magenreuter von 16.00 bis 18.00 Uhr im Rathaus, Zi…
Isny / Amtzell – Das Landwirtschaftsamt des Landkreises Ravensburg lädt zusammen mit seinen Partnerinnen und Partnern…
Wangen – „Wie schädlich sind Handys und Tablets wirklich?“ Über die Folgen der Nutzung von digitalen Geräten spricht …
Ravensburg – Die Ravensburger Baumesse „hausplus“ rückt näher: Sie ist von Freitag, 31. Januar, bis Sonntag, 2. Febru…
Bad Waldsee – Ermittler des Kriminalkommissariats Ravensburg und des Polizeipostens Bad Waldsee haben nach einer Seri…