Biberach – Seit 15 Jahren koordiniert das Bildungsbüro des Landratsamtes Bildungsangebote für Zugewanderte, kümmert sich um Bildungsintegration, Sprachkurse, Vorbereitungsklassen und vieles mehr. Es vernetzt Schülerinnen und Schüler, Multiplikatoren, Schulsozialarbeit und Ehrenamtliche.
Leiter des Bildungsbüros mit vier Mitarbeitenden in zwei Vollzeitstellen ist Daniel Horst. Der studierte Politologe und Soziologe wechselte vor zehn Jahren von der Arbeit in Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen in die Verwaltung. Sein Credo: „Netzwerkarbeit steht über allem.“ Als einen der Schwerpunkte nennt er den Bereich Mentoring und Patenschaften. Etwa das seit Jahren sehr erfolgreiche Tandem Pate Schüler-Programm, in dem Ehrenamtliche, häufig im Rentenalter, über ein Jahr oder länger als Pate oder Patin Kindern ab der fünften Klasse mit besonderem Betreuungsbedarf bei den Hausaufgaben helfen, im Alltag und bei der Freizeitgestaltung. Die Paten erhalten Fortbildungen und tauschen sich regelmäßig mit anderen aus bei der Begleitung zum erfolgreichen Schulabschluss.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Leseförderung, die finanziell von der Bruno-Frey-Stiftung unterstützt wird. Kindergärten im ganzen Landkreis nehmen gerne das Angebot wahr, Material für ihre Bücherecken im Wert von 400 Euro anzuschaffen und einer 250-Euro-Anschluss-Förderung zu erhalten. Außerdem gibt es Erstlese-Bücher für Schulen. Lese-Botschafter gehen auf Elternabende und klären auf über die Bedeutung des (Vor-)Lesens für Spracherwerb und Schulerfolg. Der Bedarf an Fortbildungen für Erzieherinnen im Bereich Sprach- und Leseförderung steigt enorm, beobachtet Daniel Horst. Der 39-Jährige zitiert Studien, die den Zusammenhang von Mediennutzung und Sprachkompetenz erforschen. Wenn bereits Kindergartenkinder lange vor eigenen Tablets sitzen, wirkt sich das sehr negativ aus.
Auch die Alphabetisierung liegt den Mitarbeitenden des Bildungsbüros sehr am Herzen. Sie vermitteln Erwachsenen Kurse bei der Volkshochschule und im Stadtteilhaus Gaisental, informieren auf Marktständen, bei Themenabenden und selbst auf Bierdeckeln über die vielfältigen Angebote, auch noch im fortgeschrittenen Alter Lesen und Schreiben zu lernen.
Viel schiefgehen kann auch in der sensiblen Phase beim Übergang von der Schule in den Beruf, weiß Daniel Horst. Der Anteil von Jugendlichen ohne Abschluss steigt in den letzten Jahren. Das Bildungsbüro entwickelt Strategien, wie Jugendliche und Eltern in der beruflichen Orientierung angesprochen werden können. Etwa mit einem Berufsparcours im Landratsamt mit Unternehmen, die vermitteln, was man in den einzelnen Berufen macht. Seit drei Jahren stärkt das Projekt „Berufsorientierung für Eltern“ mit Veranstaltungen Eltern als Partner ihrer Kinder, fehlen doch auf den üblichen Elternabenden meist diejenigen, die am dringendsten Unterstützung bräuchten, die sich oft überfordert fühlen. Hier gibt es Angebote am Wochenende, mit Firmeninhabern aus dem Kulturkreis der Eltern, mit Dolmetschern und dergleichen. „Die Firmen machen hier gerne mit“, freut sich Daniel Horst, „Unternehmen geben jedem, der will, eine Chance“. Wobei manche Jugendliche sehr hohe Ansprüche stellten an die Arbeitgeber.
Das Bildungsbüro entwickelte einen chatbot, der für erste Infos eine niedrigere Schwelle bedeute als etwa der Besuch in der Agentur für Arbeit. Er kann dank Künstlicher Intelligenz von zu Hause aus in allen Sprachen befragt werden. Dies kann selbstverständlich kein Ersatz sein für persönliche Beratung, aber hier muss niemand Angst haben, sich zu blamieren.
Ein wichtiges Thema ist derzeit die Ganztagesbetreuung, zu der Städte und Gemeinden ab 2026 verpflichtet sind. „Alle Akteure warten derzeit ab“, beobachtet Daniel Horst. Man organisiere daher Infoveranstaltungen für Kommunen und Schulen. Sie sollen sich untereinander vernetzen aber auch mit Vereinen und Verbänden. Es biete sich hier eine große Chance, Schule in den Sozialraum zu bringen. Hierzu entwickelt das Bildungsbüro ein Curriculum zur Qualifizierung von Betreuungskräften. „Unsere Stärke ist schließlich, dass wir die Akteure zusammenbringen: Schulen, Kammern, Arbeitsgeber“, fasst der Netzwerker zusammen.
Autorin: Andrea Reck
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