Biberach – Wissenschaftsministerin sowie grüne Landtagsabgeordnete Petra Olschowski und grüne Bundestagsabgeordnete Anja Reinalter aus Laupheim waren beim Besuch der Hochschule Biberach HBC von deren Innovationsfähigkeit, Bemühen um Nachhaltigkeit und Internationalität beeindruckt. Und ganz besonders von einer jungen argentinischen Ingenieurin.
Innovatives Bauen und Digitalisierung standen beim Besuch von Wissenschaftsministerin Petra Olschowski und Prof. Dr. Anja Reinalter an der Hochschule Biberach am 8. Februar im Mittelpunkt. Die baden-württembergische Wissenschaftsministerin kam erstmals seit ihrem Amtsbeginn im September 2022 an die HBC, um sich über die aktuellen Entwicklungen in Lehre, Forschung und Transfer an der Hochschule zu informieren. Olschowski und Reinalter erhielten eine exklusive Führung durch das Laboratory for innovative Construction and Projectmanagement (LiCoP). Sie konnten einen Roboter beobachten, der mit seinem Greifarm automatisch und präzise komplexe Bauteile montiert. Mit Virtual Reality Brillen ausgestattet durchschritten sie den Campus Zukunft, eine Projektarbeit von Studierenden.
Im Zeichensaal konnten sie schließlich sehen, dass auch noch ganz klassisch Modelle gebaut werden. Olschowski hörte mit Interesse, dass bereits ein Drittel der grauen Energie, also der Energiemenge, die für Herstellung, Transport, Lagerung und Entsorgung eines Gebäudes aufgewendet werden muss, für den Rohbau und ein Drittel für die Fassade eines Gebäudes verbraucht wird. Rektor Professor Dr.-Ing. Matthias Bahr betonte: „Die HBC steht für den schonenden Umgang von Ressourcen, verbunden mit intelligenten Methoden und Prozessen. Diesem zentralen Thema widmen wir uns nicht nur im Bauwesen und der Architektur, sondern auch in den Bereichen Energie, Umwelt, Biotechnologie und BWL.“
Gegen den akademischen Fachkräftemangel
Gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen informierte er die Politikerinnen auch über die neuen Master-Studiengänge Ressourcenschonende Architektur sowie Holzbau-Ingenieurwesen. Die Angebote, so Bahr, stünden beispielhaft für die permanente Weiterentwicklung von Lehre, angewandter Forschung und Transfer an der Hochschule. „Als Gesellschaft sind wir darauf angewiesen, dass zeitnah und nachhaltig gebaut werden kann – dafür benötigt Deutschland Fachkräfte mit zukunftsfähigem Knowhow.“ Auch auf internationaler Ebene arbeitet die HBC mit zahlreichen Institutionen zusammen, um dem akademischen Fachkräftemangel entgegenzuwirken. So bietet sie einen binationalen Master-Studiengang in Kooperation mit der argentinischen Universidad nacional de Tucumán an, in dem sich Projektmanager und -managerinnen für Projekte weltweit spezialisieren. 40 Absolventen aus Argentinien arbeiten bereits in Europa, 35 von ihnen in Deutschland.
Bei der Pressekonferenz am Ende des Rundgangs stellte die Master-Studentin Sofia Naufe ihr Studium und ihre derzeitige Tätigkeit bei dem Baukonzern HOCHTIEF vor. Titel ihrer Abschlussarbeit: „Versuch einer Quantifizierung der Biodiversität zur Gewichtung gegenüber anderen Projektkriterien – am Beispiel eines Infrastrukturprojektes“. Die sympathische junge Frau berichtete in bestem Deutsch, dass sie in ihrer Heimat Argentinien zunächst Wirtschaftsingenieurwesen studiert habe. Der binationale Studiengang ermöglicht es ihr, „eine Master-Qualifizierung in einer Sprache zu erlangen, die mir neu war“, erzählte die 27-Jährige. Als Ingenieurin begeistern sie vor allem die Bemühungen der Industrie um nachhaltige Lösungen.
Die Hochschule sei bemüht, Frauen gezielt anzusprechen, machte Prof. Brune deutlich. Die Studentinnen schneiden meist besser ab als ihre Kommilitonen, ergänzte Prof. Bahr. „Das meinen wir nicht bewertend, sondern motivierend für die Zielgruppe Schülerinnen und weibliche Studieninteressierte.“
Vierzig Prozent der Studierenden sind Frauen
Über alle Fakultäten hat die HBC einen Frauenanteil von 40 Prozent. In der Architektur sind es über 60 Prozent, im Projektmanagement, eine Ingenieurwissenschaft, über 20 Prozent und in der Pharmazeutischen Biotechnologie sogar rund 70 Prozent. Im Studiengang Industrielle Biotechnologie liegt er bei knapp 56 Prozent. Insgesamt ist der Frauenanteil in den Studiengängen sehr unterschiedlich. Übrigens beträgt der Anteil der Professorinnen an der HBC 23 Prozent.
Einen weiteren Schwerpunkt in den internationalen Beziehungen legt die HBC auf Vietnam, wo es ein Studienangebot für Civil Engineering (Bauingenieurwesen) nach Biberacher Vorbild gibt. Weitere intensive strategische Partnerschaften werden mit Universitäten und Hochschulen etwa in Kalifornien, Chile und Island gepflegt.
Bahr mahnte, dass Deutschland an seiner Willkommenskultur arbeiten müsse. Das Erstarken der AfD werde im Ausland mit Sorge beobachtet. Die Grünen-Politikerinnen stimmten dem Rektor zu. Reinalter beobachtet, dass die Fremdenfeindlichkeit im ländlichen Raum stärker sei. Reinalter forderte, die Gesellschaft müsse für mehr Demokratie einstehen, das schaffe keine Hochschule und keine Politikerin alleine. „Wir sind mehr. Da müssen alle aufstehen!“
Text & Fotos: Andrea Reck