Stuttgart – Kritik an Weiterbildungsmaßnahmen übt eine Studie der AgenturQ und dem Institut der Deutschen Wirtschaft. Demnach berücksichtigen die Weiterbildungsmaßnahmen nicht in ausreichendem Maß die Kompetenzen, die in der Auto- und Zulieferindustrie, im Maschinenbau sowie in der Metall- und Elektro-Branche benötigt werden.
Der Wissensbedarf in den Bereichen IT-Sicherheit, KI und emissionsfreie Produktion wird in der Metall- und Elektroindustrie bis Ende der Dekade um mehr als 50 Prozent ansteigen. Das geht aus einer Studie hervor, die von AgenturQ und dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) im Juli 2024 veröffentlicht wurde. Die AgenturQ ist eine gemeinschaftliche Einrichtung der beiden Tarifvertragsparteien IG Metall Baden Württemberg und Südwestmetall. „Viele Weiterbildungsmaßnahmen sind immer noch zu sehr rückwärtsgewandt, statt die Themen anzugehen, die künftig benötigt werden“, erklärt Stefan Baron, Geschäftsführer der AgenturQ.
Um herauszufinden, welche Kompetenzen in der Auto- und Zuliefererindustrie, im Maschinenbau sowie in der Metall- und Elektro-Branche benötigt werden, wurden unter anderem knapp eine Million Stellenanzeigen ausgewertet, die von Unternehmen im Südwesten zwischen 2018 und 2023 veröffentlicht wurden.
Spitzenreiter der besonders gefragten Kompetenzen ist die IT-Sicherheit, deren Bedarf bis 2030 um 54 Prozent ansteigen wird. Es folgen Künstliche Intelligenz, emissionsfreie Produktion, Resilienz – also die Fähigkeit, auf Probleme und Veränderungen mit Anpassung des Verhaltens zu reagieren -, Data Management, IT-Infrastruktur sowie Projektmanagement und Datenanalyse.
In der Future Skills-Studie wurden 33 Zukunftskompetenzen identifiziert, die in den nächsten fünf Jahren für die Unternehmen in Baden-Württemberg erfolgskritisch werden oder es schon heute sind. Für die ausgewählten Zukunftskompetenzen werden für drei Qualifikationsstufen Weiterbildungsbausteine konzeptioniert, die aus mehreren Arbeits- und Lernprojekten bestehen. Sie bauen aufeinander auf und können zu einer förderfähigen Weiterbildung kombiniert werden. Am Projekt beteiligt sind unter anderen die Firmen Liebherr, ZF, Metabo und Stihl.
Die Autoren der Studie „Future Skills Studie 2030. Welche Kompetenzen für den Standort Baden-Württemberg heute und in Zukunft erfolgskritisch sind“ untersuchten rund 12.000 Qualifikationen in 39 Themenfeldern und hinterfragten, welcher Bedarf in den kommenden Jahren bestehen wird. So geht die Studie davon aus, dass in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2040 rund 40.000 Stellen allein im Fahrzeugbau und weitere 20.000 Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe wegfallen werden.
Der Arbeitskräftemangel zeige, wie wichtig es sei, dass die Beschäftigten nicht verloren gehen. Barbara Resch, Bezirksleiterin der IG Metall Baden-Württemberg, fürchtet, in vielen Betrieben werde in Zeiten der Unterauslastung die Gelegenheit verpasst, mehr für die Weiterbildung zu tun. Sie mahnt aber auch Betriebsräte und Beschäftigte, sich aktiv um entsprechende Kurse zu bemühen.
Henry Goecke von IW Consult und Mitautor der Studie hat einen Wandel in den nachgefragten Kompetenzen festgestellt. Der grundlegende Umgang mit IT werde inzwischen als gegeben unterstellt. Der Fokus liege nun vor allem in den Bereichen Digitalisierung, Datenanalyse sowie dem Management von Produktionsprozessen, Personal, Dokumentation und Logistik.
Die vorliegenden Daten aus den Stellengesuchen würden die künftige Nachfrage nach Experten rund um KI oder „Green Skills“ hingegen nur erahnen lassen. Unter Green Skills werden Wissen, Fähigkeiten und Werte verstanden, welche für die Gestaltung einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft notwendig sind.
Diese Hinweise sollten aus Sicht der AgenturQ weit über die Betriebe hinaus genutzt werden. „Darum ist diese Studie so ein wichtiger Kompass, was künftig wirklich gebraucht wird“; betont AgenturQ-Geschäftsführer Baron. Auf dieser Basis sollte man auch prüfen, ob denn die heutigen Inhalte für die Ausbildung noch auf dem richtigen Stand sind. Der ermittelte Bedarf sei auch ein wichtiger Hinweis für die Beratung der Bundesagentur für Arbeit.
Aktuell halten gerade einmal zwei Prozent der Unternehmen das Angebot an IT-Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt für ausreichend, vor einem Jahr waren es noch acht Prozent. Zugleich sagen 70 Prozent (2022: 74 Prozent), es herrsche ein Mangel an IT-Fachkräften. Nur drei Prozent erwarten, dass der Mangel abnehmen wird (2022: 2 Prozent), aber 77 Prozent befürchten, dass sich die Situation verschärft (2022: 70 Prozent).
Studie und Begleitmaterialien unter: www.futureskills-bw.de
Autorin: Andrea Reck