Skip to main content
Besuch mit Ausblick: Christoph Schulz, Geschäftsführer der Stiftung Naturschutz Pfrunger-Burgweiler Ried, zeigt Pia Simon von der Mercedes-Benz Group (Mitte) und der Umweltministerin Thekla Walter die Schönheit des Naturschutzgebietes. Fotos: Reck

Wilhelmsdorf – Es begann vor 200 Jahren. Zehn Familien, aus der Pietistengemeinde Korntal kommend und mit königlicher Mission ausgestattet, gründeten Wilhelmsdorf inmitten des Lengenweiler Moosriedes (heute Pfrunger-Burgweiler Ried). Dort, wo niemand siedelte, legten die Frommen im Auftrag König Wilhelms I das Sumpfland trocken und lebten inmitten des barocken Oberschwabens ihren pietistischen Glauben, sozial und arbeitsam – und protegiert vom König, „dem es ja von allem Anfang an um die landwirtschaftliche Nutz­barmachung ging“, erklärt der Historiker Karlheinz Fuchs zur Entstehung des „Utopia in den Sümpfen“. „Der König besucht ‚sein Dorf‘ in den ersten vier Jahren drei Mal“, heißt es dazu stolz in der Dorfchronik. 200 Jahre später kam dieser Tage wieder Besuch aus Stuttgart und brachte fünf Millionen Euro mit, um die Sünden an den Sümpfen wieder gut zu machen. Wie sich die Zeiten ändern.

Angereist am 2. Mai sind Thekla Walker, grüne Umweltministerin, in Begleitung von Pia Simon, Leiterin Integrity Management & Corporate Responsibility der Mercedes-Benz Group AG. Die Unternehmensvertreterin ließ im Naturschutzzentrum Wilhelmsdorf wissen, dass der Automobilkonzern  das Projekt „Klima Chance Moore“ zur Erhaltung und Renaturierung von Mooren in Baden-Württemberg bis 2028 mit fünf Millionen Euro unterstützt. Was und wo konkret, wird unter der Federführung des Naturschutzzentrums von einem Fachgremium entschieden. Besondere Beachtung soll die Entwicklung und Förderung von Paludikulturen erfahren.

ANZEIGE

Was ist damit gemeint? Paludikultur („palus“– lateinisch „Sumpf, Morast“) ist die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Moore. Dabei wichtig: dass das Moor so nass ist, dass der Torfkörper dauerhaft erhalten bleibt oder sogar wieder erneutes Torfwachstum stattfindet. Vor allem nach der Wiedervernässung von ehemals entwässerten Moorflächen lassen sich Paludikulturen etablieren. Es geht also nicht alleine um Naturschutz, sondern um eine natur- und klimaverträgliche Nutzung von wiedervernässten Riedflächen. Es ist konzeptionell das, was auch Teil des Biosphärengebiets sein soll, das derzeit im Kreis Ravensburg heftig diskutiert wird.

Die Idee ist simpel: ohne Landnutzer und -eigentümer, sprich Land- und Forstwirtschaft geht es nicht. Was die pietistischen Siedler vor 200 Jahren begonnen haben und von deren Nachkommen über Generationen fortgesetzt wurde, nämlich die Trockenlegung von Riedflächen zur Bewirtschaftung, muss umgekehrt werden: indem die Bauern als Moorschaffer auch einen Nutzen für sich schaffen.

ANZEIGE

Das Thema ist dringlich, weil längst bekannt ist, wie wichtig Moore für den Klima- und Naturschutz sind, da sie als natürlicher CO2-Speicher dienen, indem sie Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen und langfristig binden. Moore sind die noch besseren CO2-Speicher als Wälder. Trocknen Moore dagegen aus, emittieren sie in starkem Maße klimaschädliche Treibhausgase. Unser Umgang mit Mooren entscheidet also auch darüber, ob wir das Klima weiter schädigen oder schützen. Es bedarf also Optionen, die Bauern zu Klimaschützern werden lässt, indem sie Ried vernässen und es trotzdem einträglich nutzen. Wasserbüffel oder ähnlich robuste Moorbewohner sichtet man ja bereits hie und da und Paludikulturen liefern Rohstoffe aus dort wachsenden Pflanzen, etwa Schilf, Rohrkolben, Sauergräser und weitere bei gleichzeitigem Erhalt des Torfs als Produktionsgrundlage. Die Nutzung dieser Rohstoffe ist klimafreundlich und vereint ökonomische, ökologische und soziale Aspekte. Soweit die Theorie.

Aber damit eine Bauernfamilie davon leben kann, bedarf es der notwendigen Nachfrage, und damit diese gewährleistet ist, bedarf es einer entsprechenden Verwertung der Rohstoffe. Und diese Wertschöpfung soll gefördert werden, so das Konzept. Das so neu nicht ist, aber dennoch in den Kinderschuhen steckt. Mercedes sieht nun den Bedarf – auch für die eigene Ökobilanz – und hat das Budget, und im Naturschutzzentrum Wilhelmsdorf, das das zweitgrößte Moorgebiet in „the Länd“ betreut, ist das Know-how vorhanden. Die Umweltministerin gibt sich bei ihrem Besuch zuversichtlich. „Das Ziel ist klar: Wir müssen möglichst viele Moore wieder vernässen, damit die Treibhausgasemissionen gestoppt werden. Gelingen kann das nur in einer gemeinschaftlichen Anstrengung.“

ANZEIGE

Begleitender Artikel “Sumpfige Geschichte”

Interview mit Bad Buchaus Bürgermeister Peter Diesch

Autor: Roland Reck



NEUESTE BLIX-BEITRÄGE

Editorial BLIX Juli 2024

Liebe Leserinnen, liebe Leser, unsere Titelgeschichte zu „Wirtschaft(en) in Oberschwaben“ beschäftigt sich mit einem sehr interessanten Konzept. Es geht um den Plan, der im grün-schwarzen Koalitionsvertrag festgehalten ist, eines so genannten Biosphärengebiets in Oberschwaben, hauptsächlich im Kreis Ravensburg. Was an dieser Stelle wichtig ist, ist die Tatsache, dass es bei diesem Konzept, um den Versuch geht, beispielhaft aufzuzeigen, „dass der Mensch die Biosphäre nutzen kann, ohne sie zu z…

Sommermärchen 2.0?

Nach Siegen gegen Ungarn und Schottland geht es nach dem 1:1 gegen die Schweiz als Gruppensieger ins Achtelfinale. Die Hoffnung auf ein weiteres Sommermärchen lebt und auch die zuletzt vermisste Euphorie scheint zurück zu kommen. Die Nagelsmänner präsentieren sich von ihrer besten Seite.

Unterwegs im Sumpfland

Oberschwaben – Der vorhandene Sumpf, auch Moor genannt, soll fürs Klima geschützt werden. Wie? In einem großräumigen Biosphärengebiet, das sich vom Allgäu bis nach Oberschwaben erstreckt. So steht es als verbindliche Absichtserklärung im Koalitionsvertrag der grün-schwarzen Landesregierung. Das Unterfangen ist diffizil, weil Konzept und Prozess komplex sind. Man befindet sich im „Prüfprozess“.

Leserbriefe

Auch für den Monat Juli erreichten uns wieder zahlreiche Zuschriften.

Man nimmt es „in Kauf“

Riedlingen – Was geht bei der Jugend in Deutschland vor? Das fragen sich nach den Wahlen am 9. Juni Laien wie Experten aus sämtlichen politischen Lagern und suchen nach Antworten. BLIX-Autor Benjamin Fuchs ist 18 Jahre alt und Erstwähler. Der Abiturient am Kreisgymnasium in Riedlingen analysiert, gibt Einblicke, zieht Schlüsse und macht Vorschläge.

Kampf ums Schloss

Aulendorf – Der Wunsch des Amtsinhabers ist, dass die Bürger und Bürgerinnen der Schlossstadt am 7. Juli zur Wahl gehen. Bürgermeister Matthias Burth tritt für eine dritte Amtszeit an. Kurz vor Ablauf der Frist hat ein weiterer Kandidat seinen Hut in den Ring geworfen: Dominik Merk (38). Somit hat der 54-Jährige einen Herausforderer.

Anschluss an die Welt: klein, aber mein

Bad Saulgau – Eine kleine Stadt sucht den Anschluss an die Welt. Mit der städtischen Galerie „Fähre“ nahm die kleine Stadt Saulgau bald nach dem Krieg Kurs auf die Welt der großen Kunst. 77 Jahre ist das jetzt her. Die Fähre feiert die „Schnapszahl“ ihres Bestehens mit einer Jubiläums-Ausstellung. Eine weitere Schnapszahl spielt für diese Ausstellung eine Rolle. Seit 33 Jahren ist der städtische Kulturamts- und damit Galerieleiter, Andreas Ruess, der kreative Kopf der Fähre. Am 1. September w…

Bittersüße Erinnerungen

Bad Waldsee – „Nostalgie? – 10 fotografische Sichtweisen“ betitelt das Museum im Kornhaus die Arbeiten von zwei Fotografinnen und acht Fotografen aus der Region. Allesamt Profis. Sehenswert!

Liebeserklärung

Winterreute – Es ist die Liebeserklärung eines Künstlers. Die von Wolfgang Laib und Carolyn Laib kuratierte Ausstellung verbindet das Werk zweier auf den ersten Blick völlig unterschiedlicher Künstler. Jakob Bräckle (1897-1987) gehört zu den wichtigsten Malern Oberschwabens im 20. Jahrhundert. Wolfgang Laib (*1950) zählt zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart. In Bräckles ehemaligen Atelierhäuschen in Winterreute begegnen sich die beiden Künstler mit einigen wenigen Werken in einem kurz…

Stahlbetonbauer im Seniorenheim

Baltringen – Auszubildende, die motiviert sind, die über den Tellerrand hinausschauen, die zwar keinen sozialen Beruf ergreifen, aber durchaus ein Herz für Schwächere haben – daran liegt vielen Firmen. Sie unterstützen ihre Azubis dabei, soziale Kompetenzen zu erlangen und ermöglichen ihnen ein Praktikum in einer sozialen Einrichtung. Wie das Bauunternehmen Matthäus Schmid in Baltringen. 

Die Motoren donnern wieder

Aulendorf – Es wieder so weit: Vom 19. bis 21. Juli 2024 können alle Interessierten in die US-Car-Szene eintauchen. Zu den Junkers Days werden Fahrzeuge aus ganz Deutschland sowie angrenzenden Nachbarländern erwartet. Egal ob Classic Cars, Youngtimer oder neue Modelle – Hauptsache made in USA. Selbstverständlich sind auch wieder Bikes aus Übersee willkommen, teilen die Veranstalter mit.

Neu im Kino: A Killer Romance

In der pechschwarzen Komödie „A Killer Romance“ stolpert Glen Powell als Philosophieprofessor und Gehilfe der örtlichen Polizeibehörde unverhofft in ein tödliches Geschäft. Er soll mit seinen Schauspielkünsten als vermeitlicher Auftragskiller versuchte Morde in New Orleans vereiteln. Am 4. Juli startet der neue Film von Richard Linklater in den deutschen Kinos.

Filmpreview: Kinds Of Kindness

„Kinds Of Kindness“ ist ein aus drei Episoden bestehender Anthologie-Film in dem die identischen Schauspieler jeweils verschiedene Rollen verkörpern: 

Neu auf DVD & Blu Ray: Drive Away Dolls

Florida im Jahr 1999. Jamie (Margaret Qualley), ein zügelloser Freigeist, wurde soeben von ihrer Freundin Sukie rausgeschmissen. Um das Ganze zu verarbeiten, muss ein Tapetenwechsel her. Ein Road Trip nach Tallahassee, gemeinsam mit ihrer nerdigen Freundin Marian (Geraldine Viswanathan), soll es richten. Um Geld zu sparen beschließt das Duo einen PKW an ihr Reiseziel zu überführen, doch durch eine Verwechselung bekommen die beiden den falschen Mietwagen, in dessen Kofferraum sich Hehlerware b…

Editorial BLIX Juni 2024

Liebe Leserinnen, liebe Leser, der Bogen ist weit gespannt. Er beginnt vor der eigenen Haustür und endet in Brüssel und Straßburg, dort wo sich Europa demokratisch konstituiert. Ich spreche von den Wahlen, die anstehen: die Kommunalwahlen, bei denen wir entscheiden, wer die Geschicke in unserer Gemeinde und dem Landkreis lenkt, und die Wahl des europäischen Parlaments, womit wir über das Wohl und Wehe eines ganzen Kontinents bestimmen. Keine einfache Aufgabe. Es ist Zufall, dass diese Wahlen …

ANZEIGEN

BLIX-NEWSLETTER

VERANSTALTUNGEN

ALLGÄU-OBERSCHWABEN

Bad Waldsee – Die bewegende Anne-Frank-Wanderausstellung „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ gastiert noch …
Isny – Nach 35 Jahren kann man von ihr reden, der Tradition und davon, dass der Töpfermarkt so lange schon zu ihr und…
Bad Wurzach – Nach gut einjähriger Innenrenovierung konnten die Ziegelbacher Kirchgänger erstmals wieder einen Gottes…
Reute – Im Februar hat Sr. M. Philothea Kopp im Kloster Reute noch ihren einhundertsten Geburtstag gefeiert. Am Abend…
Heuneburg – Am Sonntag, 21. Juli, findet um 15.00 Uhr im Herrenhaus der Heuneburg – Stadt Pyrene ein Vortrag zum Them…