Auch für den Monat Dezember erreichten uns wieder interessante Zuschriften.
Zu Ausgabe Oktober 2023, Seite 40
Sehr geehrter Herr Dr. Reck
Gestern habe ich in der Raiba Warthausen das BLIX-Heft mitgenommen und mit Interesse den Artikel „Menschenkette“ gelesen.
Die Gesellschaft war damals viel stärker gespalten als heute. Ich gehörte nicht zu den Kettenmitgliedern, sondern war auf der anderen Seite. Als Lehrer am Gymnasium hat man diese Spaltung sehr wahrgenommen, im Kollegium und in der Schülerschaft.
Die einen sammelten sich unter dem Slogan: ‚Frieden schaffen ohne Waffen‘, die anderen unter jenem: ‚Frieden schaffen durch Waffengleichheit‘.
‚Die Russen verstehen nur die Sprache der Stärke‘, war eine Erkenntnis, die aus den Erfahrungen des 2. Weltkrieges und des Kalten Krieges tief in der Gesellschaft verwurzelt war. Die SPD zerbrach an dieser Spaltung, Kohl wurde gewählt, Vogel mit seinem Oberwahlspruch ‚Nach Rüstung kommt Krieg‘ verlor, die Nachrüstung wurde durchgeführt. Es kam kein Krieg, sondern die ersten Abrüstungsverhandlungen. Als Folge kam es zur Wiedervereinigung Deutschlands und Europas sowie zum Zusammenbruch der UdSSR und zum totalen Zusammenbruch aller linken Strömungen in Westeuropa.
Gorbatschow hat es ja deutlich genug gesagt, dass sein Aufstieg die unmittelbare Folge der Nachrüstung war, dass im Politbüro ein Umdenken einsetzte, das ihn als Generalsekretär möglich machte. Dass nun Herr Härle das immer noch nicht sehen will, wundert mich. Aber Selbstkritik ist etwas Schwieriges: Man will halt doch irgendwie Recht behalten. (…)
Nur so ein paar Gedanken, weil sie mich an vergangene Schlachten erinnern.
Gruß, Wolfgang Mächler,
Warthausen