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Josef „Jo“ Weber ist Biobauer, Kommunalpolitiker und Mitgleid der Grümen. Foto: privat

Mettenberg – Josef Weber ist grüner Promi in Biberach, in dessen Teilort Mettenberg er und seine Familie seit 35 Jahren ihren Bauernhof als Biobetrieb bewirtschaften. Der 66-Jährige ist überdies seit vielen Jahren Mitglied im Biberacher Gemeinderat und Kreistag. Als Mitglied der Grünen seit 25 Jahren ist der Politische Aschermittwoch für den Bauern ein grüner Feiertag, den er nie versäumt. So auch in diesem Jahr. BLIX fragte nach seinem Erleben am Aschermittwoch und was die Absage der Veranstaltung in der Stadthalle für ihn und die Grünen bedeutet.

Herr Weber, Sie sind schon seit 35 Jahren Biobauer und waren als engagierter Bürger und Vorstandsmitglied der Grünen sowie als Mitglied im Gemeinde- und Kreisrat am Aschermittwoch vor Ort bei der Stadthalle. Welche Eindrücke hatten Sie und wie wirkte das dortige Geschehen auf Sie?

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Ich selber war in der Halle, wo ich zusammen mit einem Freund einen Stand des  Arbeitskreises bäuerliche Landwirtschaft (AbL) betreuen wollte, um zu zeigen, dass es auch noch andere Ziele in der Agrarpolitik geben kann. Schon die Anreise kurz nach 9 Uhr war nicht einfach. Es war fast kein Durchkommen mehr möglich. Wütende Bauern mit ihren großen Traktoren und menschenverachtenden Parolen hatten längst alle Straßen rund um die Stadthalle besetzt, dies war erschreckend. Da bekommst du Angstzustände. Besucher und auch wir wurden wüst beschimpft und angepöbelt.  Einfach schlimm, alles unter der Gürtellinie. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich so etwas hautnah miterleben muss. Der Schreck sitzt tief. 

Sie sind Bauer und ebenfalls Betroffener von den Sparbeschlüssen der Ampel-Koalition. Halten Sie den massiven Protest Ihrer Berufskollegen für richtig und unterstützen Sie ihn auch?

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Sparbeschlüsse und Kürzungen egal bei wem und was für eine Art sollten immer mit den Betroffenen im voraus diskutiert und in Einklang gebracht werden und nicht in einer Nacht- und Nebelaktion den Betroffenen vor die Füße geworfen werden. Legaler Protest und Demonstrationen sind in Ordnung, und da kann ich dahinter stehen.  Diese Auswüchse wie am Aschermittwoch kann ich aber wirklich nicht mehr mittragen. Schreien, pöbeln, lärmen und Feuer anzünden hat mit einer demokratischen Streitkultur schon gar nichts mehr zu tun. Wie soll etwas in die Gänge kommen, wenn man nicht mehr zum Gespräch bereit ist. Diese Vorfälle kann ich nur missbilligen.

Die Grünen sind aus mehreren Protestbewegungen hervorgegangen und galten lange als Störenfriede, die politische Spielregeln missachteten, zivilen Ungehorsam unterstützten und auch an zum Teil gewalttätigen (Anti-Atomkraft-)Demonstrationen teilnahmen, und nun sind sie selbst politische Zielscheibe von Protesten. Die Absage des 27. Politischen Aschermittwochs in Biberach ist eine Zäsur. Nach fast drei Jahrzehnten müssen die Grünen dem Protest vor Ort weichen. Wie bewerten Sie das?

Die Protestbewegungen, die letztendlich zur Gründung der Grünen geführt haben, waren sicher nicht immer im Rahmen der Legalität. Doch mittlerweile sind wir wirklich aus der Pubertät herausgewachsen und erwachsen geworden. Jetzt ist auch nicht die Stunde der grünen Vergangenheitsbewältigung, dazu haben wir zu viele aktuelle Themen, die drängender sind. Dass der politische Aschermittwoch abgesagt werden musste, schmerzt mich zutiefst. Es tut weh, dass Berufskollegen in den eigenen Reihen eine solche Aggressivität an den Tag legen und am Aschermittwoch noch Unterstützung von Menschen hatten, die sicher nicht jeder der Kollegen dabei haben wollte. Es ist entsetzlich, dass eine demokratische Partei in Deutschland mit seiner bekannten braunen Vergangenheit im 21. Jahrhundert wegen Sicherheitsbedenken eine hochkarätig besetzte Veranstaltung nicht stattfinden lassen kann. Der Aufruf in den sozialen Medien wurde wohl falsch bewertet, und dadurch konnte es so eskalieren. Wie in Zukunft weiter vorgegangen werden kann, wird in den Innenausschüssen des Landes und Bundes beraten. Ich hoffe auf gute Entscheidungen, damit in Zukunft wieder eine gute Gesprächskultur stattfinden kann. 

Die Bauern und die Grünen waren noch nie politische Freunde mit Ausnahme der Biobauern, aber auch das trifft nicht mehr zu. Es gibt inzwischen nicht wenige Biobauern, die mit den Grünen nichts am Hut haben. Was lief schief und was läuft schief, dass die Grünen bei den Bauern nicht ankommen oder gar gehasst werden?

Ich war lange Jahre im erweiterten Vorstand des Bauernverbandes aktiv mit dem Ziel, ökologische Impulse einzubringen, was leider vergebens war. Schon diese Tatsache sagt viel über die unüberbrückbaren Meinungen zwischen grüner Klimapolitik und den Forderungen des Bauernverbandes, sprich der konventionellen Landwirtschaft. Klimapolitik sollte hier und heute aller oberste Priorität haben. Es geht um das Überleben des Planeten, der Flora und Fauna und um das Überleben von uns Menschen, von unseren Kinder und Enkeln. Nicht mehr und nicht weniger. Aber dazu müssen wir aus unserer Komfortzone raus. Dazu sind unbequeme politische Entscheidungen notwendig. Das braucht Rückhalt in der Bevölkerung. Aber es ist wohl so, dass jeder, der dann von den Entscheidungen betroffen ist, erst mal abblockt. Die Wahrheit zu sehen, sie zu akzeptieren und dann auch noch entsprechend zu handeln, ist sehr schwer.  Und wenn dann wie bei den Bauern noch welche mehr machen als die Biobauern und sich auch noch freiwillig kontrollieren lassen, dann ist das für viele Kollegen nur schwer auszuhalten. Dann kann man hören: „Der grüne Spinner, wenn das alle machen würden, ihr seid immer nur ‚die Guten‘, ihr betrügt doch sowieso, sonst könnte es nicht funktionieren.“  Das zu den konventionell arbeitenden Kollegen. Warum sich Bio-Kollegen von den Grünen abwenden, ist für mich sehr schwer nachvollziehbar. Ich kann die Gründe und Argumentationen einfach nicht verstehen. Es gibt Blut- und Boden-Denkende, es gibt Putin-Versteher. Ich kann das einfach nicht fassen. Ich kann Ihnen das nicht erklären, weil ich es einfach nicht verstehe. Da müssten Sie einfach mal mit einem dieser Kollegen sprechen.

Fühlen Sie sich als Bauer mit Ihrer Familie gesellschaftlich und politisch ausreichend wertgeschätzt?

Im großen Ganzen fühlen wir uns sehr wertgeschätzt. Wir bekommen positive und wertschätzende Rückmeldungen. Wir bekommen Dank für unsere Arbeit. Es haben sich aber auch im privaten bäuerlichen Umfeld unüberbrückbare Gräben aufgetan. Da werden andere Meinungen nicht akzeptiert, politische Entscheidungen wurden mir schon ganz persönlich angelastet – und ja, es sind schon Freundschaften zerbrochen. Doch gibt es noch viel mehr Menschen, die politisch nicht unbedingt  auf unserer Wellenlänge schwimmen, uns trotzdem nach wie vor freundschaftlich und wohlwollend begegnen. Und mit diesen Menschen findet gelebte Demokratie statt, und das wissen wir sehr zu schätzen.

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Autor: Roland Reck



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