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Glückliche Zeiten und eine Männerfreundschaft wie im Film: 2018 erhielt Douglas Wolfsperger (links) den Biber für seine Doku „Scala Adieu – Von Windeln verweht“. Es waren die 40. Filmfestspiele unter der Regie von Adrian Kutter (rechts), der sich damit verabschiedete. Foto: Georg Kliebhan

BIBERACH. Die Location ist ein Statement, die den Hauptdarsteller, der ein Regisseur ist und sich als neuer Intendant der Biberacher Filmfestspiele bei einer Pressekonferenz im „Sternchen“ vorstellte, zu Tränen rührte. Der kleine Kinosaal im Biberacher Cineplex mit seinen roten Polstersesseln, in dem einst, vor langer Zeit geraucht werden durfte, ist „das Wohnzimmer“ der Geschichte der Biberacher Filmfestspiele, beginnend 1979. Hier sei er unter den Fittichen von Adrian Kutter zum Dokumentarfilmer geworden, erzählt Douglas Wolfsperger, nun will er dessen Erbe retten. Leider ohne das Einverständnis und Wohlwollen des Gründers, der ein Freund war und keiner mehr ist. Wohl ein Grund zum Heulen. Aber: Ein Abschied kann auch ein Anfang sein.

Wobei: Der Anfang soll eine Rückkehr sein. Das „Sternchen“ als Geschichtsort mit Wolfsperger als neuen Intendanten, der ein alter Kutter-Fan ist (oder war), ist zugleich die Botschaft des neuen Vereinsvorstands mit Harald Heigel als Vorsitzender: mit neuem Schwung „back to the roots“. Man möchte wieder anknüpfen an das alte Kutter-Festival mit hautnahem Kontakt der Filmschaffenden mit dem Publikum und den intensiven Gesprächen nach den Vorführungen als kostbares Feedback für die FilmemacherInnen. Das „Wohnzimmer des deutschsprachigen Films“ soll durchgelüftet, aber keinesfalls abgebrochen werden. Warum dann das ganze Schmierentheater zwischendurch mit der bösen Trennung von Helga Reichert, Nachfolgerin und Ehefrau von Kutter, fragt der staunende Zuhörer und erhält eine klare Distanzierung. „Wir haben nichts damit zu tun“, erklärt die neue Marketingfachfrau Tamara Föhr und versucht, einen Schlussstrich zu ziehen: „Die schwäbischen Grieskrämereien interessieren uns nicht.“ Offensichtlich will mit dem alten Vorstand niemand mehr etwas zu tun haben. Erst recht nicht der neue Intendant.

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Das Medieninteresse war groß, als Douglas Wolfsperger (links) sich als neuer künstlerischer Leiter der Biberacher Filmfestspiele vorstellte.

Beim Gespräch mit BLIX stellt Wolfsperger klar, dass er „nie auf den Gedanken gekommen wäre, mich auf Meinhold einzulassen“. Der ehemalige Vorsitzender verantwortet das Zerwürfnis mit Helga Reichert und damit indirekt auch die Etablierung der „Filmtage Oberschwaben“ im benachbarten Ravensburg durch Reichert und ihrem tief gekränkten Mann und Biberacher Ehrenbürger Adrian Kutter. Und Wolfsperger focht an deren Seite, initiierte eine Protestnote von über 100 Filmschaffenden, in der die Fortsetzung der Biberacher Filmfestspiele mit Reichert gefordert wurde – alles vergeblich –, worauf der erboste Filmemacher mit oberschwäbischen Wurzeln in BLIX wissen ließ: „Ich geh’ da nicht mehr hin!“

Das änderte sich kurz vor Weihnachten letzten Jahres, nachdem der alte Vorstand nach dem überraschenden Abgang von Nathalie Arnegger, der Nachfolgerin von Reichert, im letzten Jahr nur ein Notprogramm anbieten konnte und anschließend demissionierte. Ein Neuanfang musste her und Harald Heigel, selbstständiger Vertriebler und Hobbyfotograf, ließ sich in die Pflicht nehmen und bekam vom Oberbürgermeister, seinem Stellvertreter im Verein, den Brief von Wolfsperger weitergereicht, in dem dieser seine Unterstützung anbot. Aus „großer Besorgnis“ könne er sich „gut vorstellen, an der Gestaltung aktiv mitzuwirken“, heißt es in dem Schreiben. Das folgende Treffen zwischen Heigel und Wolfsperger muss Sympathie auf den ersten Blick gewesen sein, denn innerhalb weniger Wochen waren sich die Gesprächspartner einig: Wolfsperger wird neuer Intendant der Biberacher Filmfestspiele. Beide sind voll des Lobes. Und zur Begründung heißt es in der Presseerklärung: „Die Entscheidung für Douglas Wolfsperger als künstlerische Leitung fiel nach intensiven Gesprächen und Abwägungen.“ Angeblich soll die Auswahl zwischen fünf Bewerbern gefallen sein, Namen werden keine genannt. Für Wolfsperger sprach seine Erfahrung und sein „tiefes Verständnis und Leidenschaft für die Welt des Films“, heißt es und weiter: „Er kennt und schätzt als langjähriger Gast unseres Festivals auch die einzigartige Atmosphäre und den einnehmenden Charme der Biberacher Filmfestspiele. Diese Kombination macht ihn zu einer idealen Besetzung für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung des traditionsreichen Festivals.“

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Auch der neue Vorstand mit Team um den Vorsitzenden Harald Heigel (Mitte, helles Hemd) stellte sich vor. Fotos: Reck 

Es stimmt: Douglas Wolfsperger ist in der deutschen Filmwelt und erst recht bei den Biberacher Filmfestspielen kein Unbekannter. Als angesehener Regisseur und Produzent von Spiel- und Dokumentarfilmen darunter „Die Blutritter“ (2003) hat er sich einen Namen gemacht und bereits mehrfach bei den Biberacher Filmfestspielen mit eigenen Werken überzeugt. Zuletzt 2018 mit „Scala Adieu – Von Windeln verweht“, der bei den 40. Filmfestspielen mit dem Biber für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde. Das war das Jahr des Abschieds von Adrian Kutter als Intendant „seiner“ Filmfestspiele, es folgte seine Frau als künstlerische Leiterin.            

 Sie war es nicht lange: siehe oben. Aber der Coup folgte prompt. Im Oktober 2021 präsentierte die Schauspielerin gemeinsam mit ihrem Mann die „Filmtage Oberschwaben“ – in Ravensburg. An vier Tagen zeigte die Geschäftsführerin und Intendantin in Personalunion, was sie konnte, nämlich das, was sie vorher auch schon in Biberach unter Beweis gestellt hatte. Und Douglas Wolfsperger war treu an Kutters Seite. Bis zur Berlinale.

„Das war kein einfacher Gang“, erzählt der Wahlberliner auf der Zugfahrt zum Bodensee per Handy. Er hatte sich den Filmtreff in Berlin ausgesucht, wo er das Ehepaar Kutter über seinen neuen Job in Biberach informierte. Die klammheimliche Hoffnung trog, dass er dessen Segen erhält. Die Enttäuschung ist beidseitig groß. Für Adrian Kutter ist das Tischtuch zerschnitten. Er sei „maßlos enttäuscht“, erklärt er gegenüber BLIX. Wie sehr, betont Kutter in einer Presseerklärung kurz vor Redaktionsschluss: „Im Nachhinein kann ich das Gespräch mit Douglas Wolfsperger in Berlin nur als mich persönlich beleidigende Farce bewerten.“
Seine Frau sieht es pragmatisch. Es gäbe in Deutschland über 400 Filmfestivals und von Biberach nach Ravensburg sei es „so weit wie zum Mond“, also Platz genug für beide Festivals. Sie wünsche sich eine „friedliche Koexistenz“, wolle aber auch in Ruhe gelassen werden, und schon gar nicht will Kutter zur Werbung für die Biberacher Filmfestspiele herhalten. Schluss, aus, vorbei! Douglas Wolfsperger kann sich nicht mehr auf seinen Freund berufen, er hat einen weniger.

Die beiden Filmfestivals finden statt:

in Ravensburg von 10. bis 13. Oktober
www.filmtage-oberschwaben.de

in Biberach von 30. Oktober bis 3. November
www.biberacherfilmfestspiele.de

Autor: Roland Reck



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