Liebe Leserinnen, liebe Leser, Denkmäler sind Orte zum Nachdenken: Denk mal! So also unser Titel, der sich aus dem Inhalt, Nachdenken und dem Zufall entwickelt hat. Denn der „Galgen unterm Kreuz“, ebenfalls ein Denkmal, fand zeitgleich dazu. Aber nicht immer passt die Form zum Inhalt und umgekehrt. Worüber sich trefflich streiten lässt, denn meist ist es Ansichtssache. Was nicht beliebig bedeutet. Denn jede Perspektive sollte begründbar sein. So auch in Weingarten.
„Der Bauernkrieg“, der vor 500 Jahren nicht nur, aber auch Oberschwaben heimgesucht hat, wird in diesem und im nächsten Jahr noch viel Nachdenken erfordern und viele Diskussionen einfordern. Und Weingarten bietet dazu besonderen Anlass. Denn die dort nicht stattgefundene Schlacht zwischen den Landsknechten des „Bauernjörg“ und den Bauernhaufen vom See und den herbeieilenden aus dem Allgäu und Linzgau ist eine Zäsur. An diesem Ort an Ostern vor 499 Jahren trat Frieden ein. Wer will das in Kriegszeiten – damals wie heute – missbilligen? Heute wissen wir allerdings, wie die Geschichte nach dem Vertragsabschluss weiterging. Das Schlachten setzte sich andernorts fort. Die Bauern blieben Opfer. Und ihre Forderungen nach Freiheit und Gerechtigkeit blieben für weitere Jahrhunderte unerfüllt. Sicher ist, die Geschichte hätte einen anderen Verlauf genommen, wenn es in Weingarten nicht zum „Diktatfrieden“ (Kuhn) gekommen wäre, aber alles Weitere bleibt Spekulation.
Die Idee aber hatte Bestand. Wenn wir heute über Menschenrechte nachdenken, dann sollten wir uns auch der Bauern im frühen 16. Jahrhundert erinnern, die Freiheit und Gerechtigkeit aus der Bibel ableiteten. Die Erkenntnis: beides gehört zusammen. Freiheit verlangt Gerechtigkeit und Freiheit endet dort, wo Ungerechtigkeit beginnt. Die Frage bleibt: Wo endet Gerechtigkeit und beginnt Ungerechtigkeit? Um das zu verhandeln, braucht es demokratische Freiheit, die wie alles Menschenwerk nicht perfekt ist oder mit Winston Churchill gesprochen: „Die Demokratie ist die schlechteste Staatsform, ausgenommen all diese anderen, die man von Zeit zu Zeit ausprobiert hat.“ Darauf sollten wir uns besinnen und wählen gehen.
Dr. Roland Reck, Chefredakteur