Liebe Leserinnen, liebe Leser, der Bogen ist weit gespannt. Er beginnt vor der eigenen Haustür und endet in Brüssel und Straßburg, dort wo sich Europa demokratisch konstituiert. Ich spreche von den Wahlen, die anstehen: die Kommunalwahlen, bei denen wir entscheiden, wer die Geschicke in unserer Gemeinde und dem Landkreis lenkt, und die Wahl des europäischen Parlaments, womit wir über das Wohl und Wehe eines ganzen Kontinents bestimmen. Keine einfache Aufgabe. Es ist Zufall, dass diese Wahlen fast zeitgleich zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes stattfinden, aber die zeitliche Nähe zum Geburtstag unserer Verfassung unterstreicht ihre Bedeutung. Es ist wichtig zu wählen! Warum? Weil es nicht selbstverständlich ist!
Als Kind der Bundesrepublik neige ich gelegentlich dazu, dies zu vergessen, weil ich es nicht anders kenne. Bereits meine Wiege war behütet vom Grundgesetz, Wahlen gibt es schon immer, und Demokratie ist mein tägliches Leben mit allen Freuden und allem Ärger. Wozu also der ganze Bohei? Weil es nicht selbstverständlich ist!
Warum lässt sich Mohammad Audeh dafür begeistern, für den Gemeinderat zu kandidieren? „Weil ich die Chance erhalten habe, in einer Demokratie zu leben“, erklärt der Neubürger, der erst vor einem Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten hat. Und „weil Demokratie zerbrechlich ist, ist Engagement wichtig“ – deshalb will er sich einbringen. Der gebürtige Syrer weiß um den Unterschied. Er floh vor einem brutalen Diktator und dessen Armee. Er ließ seine Eltern und seine vier Geschwister zurück und kam nach 4000 Kilometern auf der Flucht mit zig-tausend Anderen 2015 nach Deutschland und hier nach Bad Waldsee. Ein Glück – für alle! Es ist gut, daran erinnert zu werden.
Denn Mohammad Audeh macht Mut. Er lebt den von Rechts angefeindeten Slogan einer großen Bundeskanzlerin: „Wir schaffen das!“ Der 33-Jährige hat es geschafft, aber nicht für sich allein. Denn: „Allein ist man schneller, aber gemeinsam kommt man weiter“, begründet der Geflohene sein vielfältiges ehrenamtliches Engagement.
Und damit bin ich bei der Freiwilligen Feuerwehr, die landauf-landab beim Ehrenamt ein Leuchtturm ist und deshalb unseren Titel schmückt. Denn auch die vielen Männer und Frauen bei den vielen Feuerwehren leben beispielhaft die Erkenntnis: „Gemeinsam kommt man weiter!“ Und schnell wie die Feuerwehr sind sie auch noch.
Dr. Roland Reck, Chefredakteur