Skip to main content
Gudrun Selinka beantwortet beim Pressegespräch im Kunstmuseum Ravensburg Fragen zum Leben ihres Mannes, des erfolgreichen Unternehmers und Kunstsammlers.

Ravensburg – Der Werbeunternehmer und Kunstsammler Peter Selinka (1924 – 2006) hätte in diesem Jahr am 29. August seinen 100. Geburtstag gefeiert. Was weckte seine Leidenschaft für Kunst? Was hat ihn inspiriert? Welche Spuren hinterließ er? Diesen Fragen geht eine Ausstellung im Kunstmuseum Ravensburg nach und begibt sich auf Spurensuche, denn die Überlassung der „Sammlung Selinka“ an die Stadt Ravensburg war der Anstoß für den Bau des Kunstmuseums, das am 8. März 2013 eröffnet wurde. „Das Museum war der große Wunsch meines Mannes“, sagt seine Ehefrau Gudrun Selinka. 

Alles beginnt mit dem Kauf einer koreanischen Kanne, die sich heute im Besitz von Gudrun Selinka (89) befindet. Die Begeisterung für ostasiatische Kunst wurde bei dem damals 16-jährigen Peter Selinka durch den Kunsthändler Ernst Fritzsche geweckt, von dem er die Kanne nach dem Krieg erwarb – seine Ostasiensammlung veräußert Selinka mit Ausnahme der koreanischen Kanne noch zu Lebzeiten in den 2000er-Jahren. Den Stein ins Rollen bringt dann eine Radierung von Ernst Ludwig Kirchner. Den „Liegenden Mädchenkopf“ erwirbt Peter Selinka 1952 in elf Monatsraten zu je 20 DM. „Er hat es gekauft, weil es seiner Mutter ähnlich sah“, ist Witwe Gudrun Selinka überzeugt. Die Mutter war es auch, die sein Interesse für die Kunst des Expressionismus weckt, indem sie ihm von Otto Mueller und seinen Kunstfreunden erzählt, mit denen es eine freundschaftliche Verbindung gab. Zu sehen sind jedoch nicht nur die Kunstwerke, sondern auch Hintergründe, die das Leben eines ungewöhnlichen Menschen beleuchten – durch Korrespondenzen, Erinnerungen, Zitate.

ANZEIGE

Denn von Beginn an sind es die richtigen Begegnungen, die es Peter Selinka ermöglichen, seine Leidenschaft für die Kunst als Sammler auszuleben. Als er Dr. Hasso Schroeder im Rahmen seiner Arbeit in den 1950er-Jahre zu einem Ärztekongress nach Berlin begleiten darf, führt dieser ihn durch Galerien und macht ihn mit Künstlern bekannt. Hatte Peter Selinka erst einmal Feuer gefangen, so verfolgte er sein Ziel akribisch. Aus diesen Anfängen ist eine namhafte Sammlung entstanden. „Die Sammlung steht für Kennerschaft und Lebensbereicherung“, versichert Museumsleiterin Ute Stuffer. 

„Er war außergewöhnlich“, sagt Gudrun Selinka. Oft studierte der Autodidakt bis spät in die Nacht verschiedene Kunstbücher. Sie habe viel von ihm lernen können und ihn sowohl in seiner Sammelleidenschaft als auch in seiner Karriere als erfolgreicher Werbeunternehmer unterstützt, betont die Ehefrau. Beide Bereiche gehören zusammen. Die private Sammlung kann nur wachsen, weil die eigene Werbeagentur in einer alten Ravensburger Stadtvilla ab Ende der 1960er-Jahre floriert. Im Bereich der Gesundheitswerbung war Selinka ein Pionier, obwohl er nie eine Ausbildung oder ein Studium absolviert hatte. In der Ravensburger Stadtvilla sind die Selinkas bald umgeben von den Kunstwerken. Die Bilder sind jedoch weitaus mehr als Dekoration. „Wir haben mit den Bildern gelebt“, erzählt Gudrun Selinka. Peter Selinka selbst sagte über die Auswahl der Bilder: „Da ist ein Gefühl, das ist wie ein Donnerschlag. Dann weiß ich, das Bild ist gut, das muss ich haben.“ 

ANZEIGE
Peter Selinka lebte mit seiner Kunstsammlung. In diesem Jahr wäre er 100 Jahre alt geworden. Das Kunstmuseum Ravensburg widmet ihm eine Ausstellung.

Zunächst sind es Werke der expressionistischen Malerei von klanghaften Künstlern wie Otto Müller, Emil Nolde, August Macke, Alexej Jawlensky und Ernst Ludwig Kirchner, die diesen „Donnerschlag“ bewirken. Die expressionistische Künstlergruppe „Brücke“ (1905 – 1913) bildet hier den Schwerpunkt. Mit Geld allein ist es nicht möglich, an solch bedeutende Kunstwerke zu gelangen. Man muss die richtigen Leute kennen und eine gutes Gespür haben – und akribisch arbeiten. 

In den 1970er-Jahren dehnt Peter Selinka die Sammlung aus. Er lernt Mitglieder der Künstlergruppe „Cobra“ kennen, deren Werke von da an zu den drei Schwerpunkten seiner Sammlung gehören. „Plötzlich ist da etwas, was ich noch nicht gesehen habe und wenn ich es suche, ist es wieder verschwunden“, schreibt Peter Selinka an Pierre Alechinsky 1978. Korrespondenzen wie diese machen die von Kristin Groß kuratierte Ausstellung im Kunstmuseum einzigartig, denn sie zeigen die inneren Beweggründe des Sammlers. Meistens gibt es eine persönliche Verbindung: Erinnerungen an die Heimat, an die Eltern, an die Jugend. Als weiterer Schwerpunkt seiner Sammlung kommen Werke der „Spur“-Gruppe hinzu. Das Gemälde „Gestreiftes Dorf“ von Heimrad Prem, der erste Ankauf dieser Gruppe, weckte bei Peter Selinka Erinnerungen an die Heimat – womit wir wieder bei den inneren Verbindungen sind. 

ANZEIGE

Über Beziehungen gelangte Peter Selinka auch an ein Werk mit prominenter Provenienz: das „Spanische Mädchen“ von Alexej von Jawlensky, das er 1973 wiederum in Raten von dem New Yorker Galeristen Leonard Hutton erwarb. Zuvor war es im Besitz des ehemaligen US-Vizepräsidenten Nelson Rockefeller. Mit von Jawlenskys Schwiegertochter Maria und der Enkelin Angelica unterhielt Selinka eine rege Korrespondenz. Diese persönlichen Kontakte, die sich in manchen Fällen zu Freundschaften entwickelten, waren maßgeblich für den Aufbau der Selinka-Sammlung, wie das folgende Zitat von Christel Fischer, der Ehefrau des Künstlers Lothar Fischer zeigt: „Es war wirklich eine Freundschaft, – über die Sammlertätigkeit hinaus -, die die Beiden, Lothar Fischer und Peter Selinka, verband (…).“ Über diese Verbindungen kann man in der Ausstellung im Kunstmuseum einiges erfahren – und zudem 90 Werke aus der Sammlung betrachten.

INFO: Die Ausstellung dauert bis zum 20. Oktober 2024 und wird von einem Rahmenprogramm begleitet.

www.kunstmuseum-ravensburg.de

Autor: Patrick Merk



NEUESTE BLIX-BEITRÄGE

Editorial BLIX November 2024

Liebe Leserinnen, liebe Leser, dieser November wird in Erinnerung bleiben. Und zwar egal wie die Präsidentschaftswahl in den USA ausgeht. Es macht sich zuallererst an dem Votum für oder gegen Donald Trump fest, und erst dann an Kamala Harris, die womöglich erste Frau im Weißen Haus und die erste schwarze überdies. Deren Wahl historisch wäre. Wird stattdessen Trump tatsächlich ein zweites Mal gewählt, ist das eine demokratische Katastrophe mit unabsehbaren Folgen. 

„Demokratie ist Mannschaftssport“

Memmingen – Die Überraschung ist gelungen, als der Memminger Oberbürgermeister Jan Rothenbacher im kleinen Sitzungssaal des Rathauses den Träger des „Memminger Freiheitspreis 1525“ bekannt gibt: der „verflossene“ Fußballtrainer des Sportclubs Freiburg Christian Streich erhält im kommenden Jahr 2025 als sechster Preisträger die Auszeichnung, die sich auf die Erklärung der „Zwölf Artikel“ der aufständischen Bauern vor 500 Jahren in der Kramerzunft der Stadt bezieht. Das Jubiläum im nächsten Jah…

Geschichte und Kunst

Oberschwaben – Es ist so weit, das große Jubiläum wirft seinen Schatten voraus. „500 Jahre Bauernkrieg“ wird im nächsten Jahr das historische Großereignis. Zurecht, denn mit den „Zwölf Artikel“, verfasst im März 1525 in der Kramerzunft in Memmingen, forderten die aufständischen Bauern erstmals in der Geschichte Menschen- und Bürgerrechte. Diese „Ungeheuerlichkeit“ entsprang der feudalen Diktatur und stellte sie radikal in Frage. Jede Geschichte hat ihre Geschichte, so auch der Bauernkrieg. Di…

Die extreme Rechte im Landkreis Biberach

Biberach – Die „Partnerschaft für Demokratie im Land-kreis Biberach“ veranstaltete am 24. Oktober einen aufschlussreichen Vortrag mit dem Titel „Die extreme Rechte und ihr Umfeld – Ein Blick auf den Landkreis Biberach und die Region“. Etwa 70 interessierte Teilnehmende fanden sich ein, um sich über die Untersuchungsergebnisse der Fachstelle „Mobirex“ (Monitoring | Bildung | Information zur extremen Rechten in Baden-Württemberg), angesiedelt im Demokratiezentrum Baden-Württemberg, zu informier…

Leserbriefe

Auch für den Monat November erreichten uns wieder Zuschriften.

100 Jahre Bio

Voggenreute – Ein runder Geburtstag ist immer etwas Besonderes. Und wenn dann noch eine lange Geschichte dahinter steckt erst recht. 100 Jahre ist fraglos ein Zeitraum, der Aufmerksamkeit verdient. Und erst recht, wenn darin eine Idee gewachsen ist, die Früchte trägt und aktueller nicht sein kann. Denn damals – nur sechs Jahre nach dem Ersten Weltkrieg – wie heute – angesichts der Klimakrise – stellen sich die Fragen: Wie wollen wir leben und wovon wollen wir leben? Vielfalt statt Einfalt war…

Zum 100. Geburtstag nach Rom

Bad Wurzach / Rom – Über 600 Reisende des Salvatorkollegs waren vom 4. bis 11. Oktober 2024 unterwegs nach und in Rom. Das Schuljubiläum zum 100-jährigen Bestehen war der Anlass für die Schulreise der gesamten Schulgemeinschaft.

Lernen mit und in der Natur 

Berg – 8 Uhr morgens an einem Donnerstag im Oktober: Schulbeginn für die fünf Fünftklässler an der neu gegründeten Freien Naturschule Ravensburg. Seit Ende der Sommerferien ist nicht nur für die Gründungsmitglieder der Freien Naturschule Ravensburg ein Traum wahr geworden. Auch für die Eltern der Schulkinder, die hier – in einem Nebengebäude des Horrachhofs bei Weingarten-Berg – zur Schule gehen. Kurz vor Schuljahresbeginn hat die Schule die Zulassung erhalten und kann nun mit 25 Kinder in de…

„Das gibt mir Hoffnung“

Bad Schussenried – Berthold Porath ist Coach, Unternehmens- und Männerberater – und Trauerredner. Was befähigt den 62-Jährigen dazu? Ein Leben voller Erfahrungen und die Bereitschaft, immer dazu zu lernen. Sein Weg ist der eines Mannes, der erfahren hat: Erfolg kann in die Irre führen. Sein Ziel: Balance mit sich – den Menschen und der Natur. Und dazu gehört der Tod, ist er überzeugt. Nachgefragt.

Wasser ist ein Menschenrecht

Ochsenhausen – Es braucht immer einen Anstoß, damit sich was bewegt. Und es braucht Menschen, die sich anstoßen lassen, damit daraus ein Projekt wird. In diesem Fall war es ein Artikel in BLIX, der Theresia Moosherr inspirierte. Die in Bad Schussenried wohnhafte Künstlerin entwickelte folgende Idee. Sie stiftet der Stadt Ochsenhausen eine Skulptur, eine „Wasserhüterin“, die passend platziert auf der „Rottuminsel“ das neu geschaffene Zentrum schmückt mit der Botschaft: „Wasser ist ein Menschen…

„Ich wage zu scheitern“

Ravensburg – Wer reist, braucht einen Koffer. Was aber mitnehmen in die neue Welt, die eine alte ist? Wolfram Frommlet hat sich für Musik und Bücher entschieden. Es ist das Eigene, das ihm viel bedeutet, was er in die Fremde mitnimmt. Das Fremde ist Afrika, von Ost nach West. Lusaka, Hauptstadt von Sambia, dorthin bricht der Ravensburger 1978 mit schwangerer Frau auf ohne Rückflugticket. Es ist der Beginn einer langen Reise, die eine Suche ist. Im Koffer Johann Sebastian Bach, dessen Musik de…

Türlein öffne dich!

Erinnern Sie sich noch an die Adventszeit, wie wir sie in unseren Kindheitstagen erlebt haben? Drei Wochen waren unendlich lang, aber zum Glück versüßt, indem wir Tag für Tag ein weiteres Türchen unseres Adventskalenders öffneten und so der großen Bescherung Stück für Stück näher rückten. Meistens handelte es sich dabei um klassische Adventskalender mit weihnachtlichen Motiven, hinter deren 24 Türchen leckere, in Form gegossene Schokostückchen darauf warteten, noch vor dem Frühstück verzehrt …

Bratapfel auf dem Brot

Äpfel haben Saison und weihnachtliche Düfte sorgen im trüben November für Wohlbefinden. 

Winterschlaf? Noch nicht! 

Im November kommen Boden und Pflanzen zur Ruhe. Ehe der Gärtner die Winterruhe einläutet, hat er noch ein paar Aufgaben zu erledigen.

Krisenstimmung beim BVB

Bei Borussia Dortmund ist bereits zu Saisonbeginn mächtig Feuer unterm Dach. Drei verlorene Auswärtsspiele in Folge und dazu Absturz auf Platz sieben in der Liga und auch sieben Punkte Rückstand auf Leipzig sind keine guten Vorzeichen für Coach Sahin, zumal der FC Bayern seinen Vorsprung auf den ewigen Rivalen nach einem 5:0 Kantersieg gegen den VfL Bochum bereits auf zehn Punkte ausbauen konnte.

ANZEIGEN

BLIX-NEWSLETTER

VERANSTALTUNGEN

ALLGÄU-OBERSCHWABEN

Ravensburg – Das mit dem Abnehmen ist so eine Sache. Keiner weiß das besser als Dr. Franz Immler, der am St. Elisabet…
Bad Waldsee – Unser Reporter Erwin Linder ging am Freitag morgens (22.11.) mit der Kamera um den Stadtsee. Nachstehen…
Leutkirch – Die Heimatpflege bietet an diesem Sonntag, 24. November, eine Führung durch die Otl-Aicher-Ausstellung an…
Rottenburg – Am ersten Adventssonntag, dem 1. Dezember, wird Prälat Dr. Klaus Krämer im Dom St. Martin in Rottenburg …
Bad Waldsee – Erleben Sie wieder ein Ballonglühen! Die Ballonnacht in Bad Waldsee ist am 23. November. Der Aufbau der…