Skip to main content
Jean-Michel Atlan, Ohne Titel, 1956, aus der Ausstellung COBRA- Traum, Realität, Spiel. Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Ravensburg – Zwei sehr gegensätzliche, aber sich auch  ergänzende Ausstellungen im Kunstmuseum Ravensburg: Alberto Giacometti und die COBRA Künstlergruppe. Betrachtungen.

„Die Kunst interessiert mich sehr, doch die Wahrheit interessiert mich unendlich mehr“, wird der Schweizer Künstler Alberto Giacometti (1901 – 1966) in dem hervorragenden Begleitheft zitiert. Auch der Begriff „Wirklichkeit“ spielt für Giacometti eine entscheidende Rolle in seiner Kunst, um  sich „besser darüber klar zu werden, was ich sehe.“

ANZEIGE

Was hat er gesucht, was hat er gesehen? In den selten zu sehenden Zeichnungen, Grafiken, in der Malerei und den Skulpturen aus der Privat-sammlung des ehemaligen Galeristen Helmut Klewan, die er dem Kunstmuseum ausgeliehen hat, erfährt man nicht, welche Wirklichkeiten Alberto Giacometti interessiert, abgestoßen oder inspiriert haben. Doch  man sieht, was er gesucht hat – den von allem Materiellen entkleideten oder kann man sagen, befreiten Menschen. Nichts, was ihm Status verliehe, gesellschaftliche Accessoires, Kleidung und Verkleidung haftet seinen Menschen an. Giacomettis Skulpturen und Figurinen haben etwas Substantielles, sie sind fragil, wie reduziert auf eine existentielle Wesen- haftigkei, zeitlos. Da verhuscht eine Figur auf einem riesigen, weißen Blatt in Andeutungen eines Körpers – Augen, eine Schulter, ein Bein. Was bleibt vom Menschen? Spuren. Seine Frauenakte scheinen wie befreit von Lust, von Begierden. Sie wirken wie in sich ruhende Kompositionen. Da entsteht eine Einheit des Menschen mit dem Raum. Er ist Teil.  Der Mensch in diesen Bildern dominiert seinen ihn umgebenden Raum nicht, ermächtigt sich nicht seiner. Wie, beispielsweise, im Kolonialismus, in der Industrialisierung. 

Anhand von rund 100 Arbeiten gibt die Einzelausstellung Einblick in die Lebenswelt Alberto Giacomettis und die für sein Werk prägenden Themen. Rechts eine Figur aus Gahna aus dem Besitz Wolfram Frommlets, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit Giacomettis Skulpturen hat. 

Giacomettis Skulpturen und Figurinen entbehren jeder Dominanz. Und so erscheint es stringent, dass er in seinen Schaffensphasen von den 50er Jahren bis zu seinem Tod 1966 in winzigen Skulpturen, in sehr vielen Zeichnungen der Sammlung Kleman „den Menschen“ reduziert auf Köpfe, auf durchdringende Blicke, einen Mund, eine Stirn. Stundenlang mussten seine Modelle stillsitzen, ihn anblicken. Manche seiner Gesichter lassen einen kaum los. In ihrer Offenheit, ihrer Herausforderung. Zu was? Zum Dialog, zum Widerspruch, zur Wahrnehmung, dass es so viele „Menschlichkeiten“ gibt? Auch dies macht diese Ausstellung gesellschaft-lich so brisant. Wo immer mehr Menschen die anderen nicht mehr wahrnehmen, die am Rand der Gesellschaft eh nicht. Home office und selbst draußen in der Wirklichkeit kommunizieren mehr Menschen mit dem Smartphone, dem Tablet statt mit Menschen. Wahrheit und Wirklichkeit,  zwei zentrale Begriffe in Giacomettis Schaffen. Was sind sie heute, 58 Jahre nach seinem Tod? Eine ganz persönliche Begegnung mit Alberto Giacometti sei noch erwähnt. Ich wusste, dass er auch inspiriert war von afrikanischer Kunst, afrikanischen Skulpturen. Zu Hause fand ich in meiner afrikanischen Kunst eine kleine Skulptur aus Ghana, die doch verblüffende Ähnlichkeiten zu seinen hat. 

ANZEIGE

Ein faszinierender Gegensatz zur Giacometti-Ausstellung, die sich wundervoll ergänzt,  ist die Sammlung COBRA im dritten Geschoss. Vor Energie berstende Figuren und Köpfe, wütend, aggressiv, wild, von der Freiheit erfüllt, radikal Neues schaffen zu wollen und zu können, was alle Normen, Etiketten und Grenzen sprengen würde. Eine massive Fülle  an neuem Leben, zu Beginn in Copenhagen, Brüssel und Amsterdam (daher der Name CoBrA), bald in Deutschland, in halb Europa. Eine internationale Bewegung, 1948 – 1951, nach dem Nationalismus, dem Wahnsinn des Faschismus, der verbrannten Kultur, der verbrannten Menschen. Eine internationale Gruppe von Künstlern schloss sich zusammen, mit dem Traum von einem anderen  Leben, mit Ideen von einer Kunst, die sich entfalten sollte außerhalb des grauenvoll missbrauch-ten bürgerlichen Kulturkanons. Auch Giacometti hatte zur COBRA Bewegung eine kurze Beziehung.  Der Titel dieser ebenfalls faszinierenden Ausstellung fasst die Aufbrüche, die Visionen sehr treffend zusammen: COBRA, Traum, Spiel, Realität. 

Beide Ausstellungen laufen bis 23. Juni, Dienstag bis Sonntag, Burgstr. 9, 88212 Ravensburg. 

ANZEIGE

Infos unter: www.kunstmuseum-ravensburg.de 

Autor: Wolfram Frommlet



NEUESTE BLIX-BEITRÄGE

Editorial BLIX Dezember 2024

Liebe Leserinnen, liebe Leser, erleben wir dieses Jahr wirklich mal wieder „weiße Weihnachten“? Pünktlich zum Wochenende hat es geschneit. Herrlich! Nur einen Monat zu früh. Es ist November. Zuerst kommt noch der Advent, dann erst das Christkind. Bis dahin wird der Schnee im November schon längst geschmolzen sein. Aber wer weiß … Und was ist überhaupt das Faszinierende daran, sich jährlich die Frage zu stellen, ob es womöglich „weiße Weihnachten“ gibt? Es ist der Unterschied. Das „weiße Kleid…

„Dass wir frei sind“

„Zum dritten ist es der Brauch gewesen, dass man bisher behauptet, wir seien Eigenleute (Leibeigene, Anm. der Red.), was zum Erbarmen ist, in Anbetracht dessen, dass uns Christus alle mit seinem kostbaren Blutvergießen erlöst und losgekauft hat – den Hirten ebenso wie den Höchsten, keinen ausgenommen. Darum ergibt sich aus der Schrift (Die Bibel, Anm. der Red.), dass wir frei sind, und deshalb wollen wir‘s sein. (…)“ (aus: Die Zwölf Artikel – der dritte Artikel)

„Zukunft braucht Herkunft“

Baltringen – Es dauerte 460 Jahre bis das Gedenken an die Bauernrevolution von 1524/25 einen Ort in Baltringen fand. 1984 zog dort, wo bis dahin das „Leichenwägele“ im Rathaus untergestellt war, die „Erinnerungsstätte Baltringer Haufen“ ein. Schmunzelnd erinnert sich der pensionierte Geschichtslehrer Franz Liesch (76) an die Anfänge – und mit Stolz, denn es war das erste Museum in der alten Bundesrepublik, das sich der Geschichte des Bauernkriegs fortan widmete.

„Ich gehe nicht“

Bad Waldsee – Janusz Eichendorff ist Betriebsratsvorsitzender beim Wohnmobil-Bauer Hymer mit Sitz in Bad Waldsee. Vom DGB bekommt er Preise für seine Gewerkschaftsarbeit. Sein Arbeitgeber kürzt ihm das Gehalt, weil er angeblich nichts kann. 

Klimaschutz zur Erholung

Biberach – Ehe der Winter kommt, wird auf öffentlichen Flächen in Biberach emsig gepflanzt. Alleine im so genannten Grünzug am Flugplatz sind 900 Bäume fachgerecht eingegraben worden. 

Eiszeitkunst trifft auf Moderne

Tübingen/Blaubeuren – Die Universität Tübingen und das Urgeschichtliche Museum Blaubeuren präsentieren eine Ausstellung zur Gegenwartskunst im Dialog mit Funden aus dem UNESCO-Weltkulturerbe der Alb. Die Ausstellung trägt den Titel „Eiszeitwesen. Moderne Perspektiven zur Eiszeitkunst“ und wird bis zum 12. Januar 2025 zu sehen sein.

Vereinsvorstand dringend gesucht …

In der abendländischen Tradition, sei es aus Sicht der klassischen Antike oder des Christentums, gehört der persönliche Beitrag zum Allgemeinwohl zu einem sinnerfüllten Leben. Immer noch?

Kaiserschnitt als Königsweg?

Rund 690.000 Geburten gibt es in Deutschland pro Jahr. Weniger als zwei Drittel der Frauen im Krankenhaus entbinden auf natürlichem Weg. Welches sind die Gründe

Gedanken in Fetzen

„Etwas Besinnliches mit Kultur“ soll es sein. Wünscht sich der Auftraggeber. Wegen Weihnachten. Aber Redaktionsschluss ist jetzt. Am Wochenende. Also weiter im Text. Besinnlich und was mit Kultur. Die soll es dann immer richten.

Kuschelige Kaminfeuer

An Weihnachten ist es besonders anheimelnd, vor einem Kaminofen zu sitzen, in dem knisterndes Holz Wärme und Licht ausstrahlt. Aber darf man das überhaupt noch?

Bayern geht vorneweg

Bayern München bleibt nach dem 3:0 Erfolg gegen den FC Augsburg souveräner Tabellenführer. Nur RB Leipzig kann trotz einer herben 3:4 Niederlage in Hoffenheim mit den Münchnern einigermaßen Schritt halten und steht auf Platz 2 in der Tabelle. Dahinter folgen Frankfurt, die aber noch vorbeiziehen könnten, Dortmund und Leverkusen.

Neu im Kino: Wicked – Die Hexen von Oz

Fans von Ariana Grande warten seit Monaten auf die Filmadaption des Musicals „Wicked – Die Hexen von Oz“ von Winnie Holzman mit Musik und Liedern von Stephen Schwartz. Ob der Popstar das Zeug zum Filmstar hat wird sich nun zeigen. Am 12. Dezember startet der erste von zwei “Wicked” Filmen in den deutschen Kinos.

Making Of: Die Nackte Kanone (2025)

Für welchen heiss erwarteten Blockbuster haben die Dreharbeiten gerade begonnen? Wurde eine berühmte Comicbook-Figur mit einem neuem Schauspieler umbesetzt? In unserer neuen Kino-Rubrik “Making Of” verraten wir worauf sich Cineasten und Superhelden-Fans gleichermaßen freuen dürfen. Wir blicken hinter die Kulissen der kommenden Kassenschlager und wagen eine Erfolgs-Prognose.

Filmpreview: Emilia Perez

Die überqualifizierte und dennoch ausgebeutete Anwältin Rita (Zoe Saldana) vergeudet ihre Talente in Mexico, indem sie für eine große Kanzlei arbeitet, die viel besser darin ist, kriminellen Müll zu beschönigen, als der Gerechtigkeit zu dienen. 

Neu auf DVD & Blu Ray: Trap – No Way Out

Die 12-jährige Riley (Ariel Donoghue) ist ein glühender Fan der Sängerin Lady Raven. Natürlich ist das Mädchen Feuer und Flamme, als ihr Vater Cooper (Josh Hartnett) sie mit zwei Karten für ein Konzert des Popstars überrascht. Doch die gesamte Megaveranstaltung, so erfährt Cooper von einem redseligen ­T-Shirt-Verkäufer, ist eine Falle. Die Polizei habe mitbekommen, dass der „Butcher“, ein gesuchter Serienkiller, das Konzert besucht. 

ANZEIGEN

BLIX-NEWSLETTER

VERANSTALTUNGEN

ALLGÄU-OBERSCHWABEN

Bad Waldsee – Am Montag vor dem Heiligen Abend hatte die Suppenküche im Klosterstüble in Bad Waldsee zu einer besinnl…
Steinhausen – Das Ensemble „Die Biberacher Bach-Trompeten“ und Regionalkantor Franz Günthner, laden am zweiten Weihna…
Leutkirch – Am 4. Adventssonntag lud die Chorgemeinschaft St. Martin in Leutkirch zu einem Familien-Mitsing-Konzertna…
Ingoldingen – Kurz nach 1.30 Uhr am Samstagmorgen (21.12.) verschafften sich Unbekannte gewaltsam Zugang zu der SB-Ge…
Baindt – Beim Spazierengehen fand eine 39-Jähriger Fußgänger am Samstag (21.12.) gegen 12.00 Uhr beim Egelsee in Bain…