Riedlingen – „Da ich mich nicht nur generell für Nachhaltigkeit einsetze, sondern aktuell mit der ‚Initiative Buntes Handwerk‘ gegen den Fachkräftemangel im Handwerk tätig bin, dachte ich mir, ich schreibe Ihnen mal, denn es gibt viel Interessantes zu erzählen.“ Womit Stefanie Treiber recht hat. Die 42-jährige Riedlingerin hat viel zu erzählen, kam sie doch erst vor kurzem aus einem Projekteinsatz aus Ruanda zurück und ist auf dem Sprung nach Bremervörde, wo sie ein Haus renoviert und lebt – zumindest zeitweise, wenn sie nicht gerade woanders im Einsatz ist. Und das ist die Powerfrau oft.
Wie wär’s mit einer eigenen Fernsehshow als Upcycling-Expertin? Und warum nicht im letzten Sommer einer Freundin helfen, für die vielen hungrigen Kids am Uttenweiler Badeweiher Pommes zu pruzeln? Und anschließend im Herbst für zehn Tage nach Ruanda düsen, um mit dortigen Berufsschülern in einem kleinen Dorf von Geflüchteten eine Gemeinschaftsküche zu bauen. Ach, da ist ja auch noch die „Initiative Buntes Handwerk“, die sich für die Diversität in der Branche stark macht und bei der sich Stefanie Treiber engagiert. Ihr Sommerengagement im Uttenweiler Freibad – „es war hart, bei 40 Grad täglich vier Stunden Friten zu fritieren“ – führte die Vielbeschäftigte ins BLIX-Land. „Es war richtig schön, nach 20 Jahren wieder in der Heimat zu sein“, erklärt die Reisende und plant bereits mit der nächsten Badesaison, um weiterhin den Bogen zu spannen vom Norden, wo sie sich häuslich eingerichtet hat und sich wohl fühlt, in den Süden, wo ihre heimatlichen Wurzeln sind und sie sich immer noch zuhause fühlt. Wo sie einst das Abitur machte und sich fragte, wohin die Reise geht.
Die Idee ans Theater nach Heidelberg zu gehen, um dort Bühnenplastikerin zu werden, kam der Globetrotterin im australischen Outback … Das soll genügen als Beweis, dass Reisen bildet und Stefanie Treiber schwärmen lässt: „Bühnenplastikerin ist der schönste Ausbildungsberuf.“ Drei Jahre werkelte die Auszubildende hinter und vor den Kulissen, um für jede Inszenierung Unikate herzustellen, nichts kommt von der Stange, alles ist ein Zusammenspiel von Handwerk und Kunst – zum Gefallen des Publikums. Dass das klappt, sind in einem Theater viele Gewerke gefragt und engagiert. Für Stefanie Treiber ein idealer Ort, um über den eigenen Tellerrand zu schauen und von den KollegInnen nebenan zu lernen. Danach zog sie weiter.
2007 machte sich die Handwerkerin selbstständig. Und damit sie zu ihren Aufträgen kam, oft im Messebau, zog sie mit einem Bulli (T3) und Hündin Ronja von Baustelle zu Baustelle. Immer wenn es darum ging, den letzten Schliff anzubringen, die Dinge schön zu machen, war Stefanie Treiber gefragt. Als Allrounderin passte sie in viele Schubladen, sogar ins Fernsehen. 2010 zog sie nach Köln, wo auch der WDR residiert und wurde als Upcycling-Expertin entdeckt, zunächst hinter der Kamera und ab 2016 trat sie in „Steffi Treiber – Lieblingsstücke“ als Ratgeberin und Macherin – aus alt mach‘ neu – vor der Kamera auf. Altem Kram mit originellen Ideen neuen (Gebrauchs-)Wert zu geben, gefällt der Tüftlerin. Zum Beispiel: Wie wär’s mit einer alten Fahrradfelge als Aufhängung für Töpfe und Pfannen?
Corona grätschte in ihre Fernsehkarriere, 2021 wurde das Format eingestellt, aber die Folgen sind seit diesem Sommer auch im SWR zu sehen. „Nachhaltigkeit mit coolem Design zu verbinden – genau das ist die Leidenschaft der gelernten Bühnenplastikerin“, heißt es in der Programmvorschau. Und wer es genauer wissen will, kann die handwerklichen Kreationen der Designerin selbstverständlich im Netz finden oder in ihrem Buch „Kreative Lieblingsstücke designed by Steffi Treiber“ nachlesen.
HandwerkerInnen sollten NetzwerkerInnen sein, das ist am Theater wie an anderen Baustellen notwendig, damit das große Ganze gelingt. Das interessiert die Oberschwäbin, die gerne über den Tellerrand blickt. Zum Beispiel auf die „Initiative Buntes Handwerk“, der Verein ist in Gründung. Die Absicht: „Wir machen Diversität im Handwerk sichtbar und räumen mit Stereotypen auf“, erklärt die Handwerkerin. „Ich möchte mich dafür einsetzen, dass es selbstverständlich ist, Frauen im Handwerk zu sehen. Jede/r soll alles werden können, was sie oder er werden will, unabhängig vom Geschlecht und der Herkunft – das ist für mich fair und dafür mach‘ ich mich stark“, postet sie auf Instagram und schwärmt: „Zusammen mit meinen Lieblingskolleg:innen aus Köln und ganz Deutschland haben wir für den ‚ColognePride2023‘ unter dem Motto ‚Alle Hände für Menschenrechte – alle Hände für´s Handwerk‘ einen 40t-Monstertruck in zwei Tagen gebaut und die Bude ordentlich abgerissen. Erstmalig war das Handwerk an einer Pride-Demo vertreten – leider nicht offiziell von der Handwerkskammer unterstützt – umso mehr haben wir in der deutschlandweiten Presse für Aufsehen gesorgt.“
Aber auch der Tanker „Handwerkskammer“ bewegt sich, der Fachkräftemangel ist Antrieb. So lässt Katja Maier, Vizepräsidentin und Vorstandsmitglied der Handwerkskammer Ulm, in einem Kommentar der Deutschen Handwerks Zeitung (DHZ, 7/2023) wissen: „Im Handwerk zwischen Ostalb und Bodensee ist jeder willkommen, der mit anpacken und sich einbringen möchte. Es freut mich besonders, dass auch immer mehr junge Frauen ihren Weg ins Handwerk finden und eine Ausbildung machen. Inzwischen wird sogar jeder fünfte Handwerksbetrieb in der Region von einer Frau geführt. Das ist eine tolle Entwicklung. Handwerk ist eben längst nicht mehr nur Männersache. Das haben spätestens Digitalisierung und technischer Fortschritt gezeigt. Es gibt über 130 verschiedene handwerkliche Ausbildungsberufe mit vielen spannenden Karrieremöglichkeiten. Ob in der Backstube, in der Kfz-Werkstatt oder vielleicht auf der Baustelle – im Handwerk gibt es für jede Fähigkeit und jeden den passenden Beruf. Auch für Schulabbrecher und Quereinsteiger. Wir Handwerksbetriebe freuen uns über motivierte Azubis. Welche Schulnoten dabei im Zeugnis stehen, ist zweitrangig. Wofür muss ein Zimmerer-Azubi beispielsweise eine Eins im Englischunterricht haben? Handwerk ist bunt. Es steckt voller Chancen und Perspektiven.“
Perspektivenwechsel, das ist das Ding von Stefanie Treiber und war auch Motivation für ihre Reise nach Ruanda mit 25 anderen HandwerkerInnen im Herbst letzten Jahres. Es war eine Initiative der EURwanda Handcraft Foundation, ansässig in Trier, die sich im Rahmen der Partnerschaft zwischen dem ostafrikanischen Land und Rheinland-Pfalz in Handwerksprojekten engagiert. Die deutschen HandwerkerInnen hatten ihr Werkzeug im Gepäck, um in einem Dorf von Geflüchteten im Norden des Landes gemeinsam mit dortigen Berufsschülern ein Gemeindehaus auszubauen. Stefanie Treiber war zuständig für den Küchenausbau. Doch zunächst „mussten uns die Menschen dort ihre Welt erklären“, berichtet sie, und dann habe sie „alles gebraucht, was ich in den letzten 15 Jahren gelernt habe“. Das da wäre: Flexibilität, sich an die Gegebenheiten anzupassen und „gewerkeübergreifend um die Ecke denken“. Das Erlebte sei ein „Highlight“, das sie wiederholen möchte. Fazit: Als „Lehrerkind“ hat sich die Abiturientin für ihren eigenen Weg entschieden und meint schmunzelnd: „Ich lass mich treiben und bereue nichts.“ Dafür ist sie sehr zielstrebig.
Aufgaben und Tätigkeiten kompakt
Bühnenmaler/innen und Bühnenplastiker/innen der Fachrichtung Plastik bauen, bemalen, bekleben und modellieren Bühnen- und Szenenbilder. Sie besprechen die geplante plastische Ausgestaltung mit der Regie und Bühnenbildnern bzw. Bühnenbildnerinnen und setzen die Entwürfe maßstabsgetreu um. Dazu sägen und schnitzen sie Holz, modellieren Kunststoffe und Gips und formen Metallwerkstücke wie Gitter- und Drahtkonstruktionen, die sie bei Bedarf anschließend mit Papier, Folien oder Gipsbinden verkleiden. Sie imitieren Oberflächen aus Stein, Metall oder Holz und kopieren ggf. detailgenau historische Plastiken, Gefäße und Reliefs. Darüber hinaus gestalten sie auch Plastiken zur Dekoration von Ausstellungen, Messen, Werbeproduktionen oder Innenausstattungen. Quelle: arbeitsagentur.de
Autor: Roland Reck