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Weihnachten bei Sepp Mahler

Adelgund Mahler zeigt Sonderausstellung



Foto: Herbert Eichhorn
Sepp Mahler, Weihnachtsgruß an Ehefrau Gertrud, 1949.

Bad Wurzach – In der Advents- und Weihnachtszeit präsentiert das Sepp-Mahler-Haus in Bad Wurzach in diesem Jahr ganz besondere Schätze. Adelgund Mahler, die das – im Jahr 2013 in die Liste der Kulturdenkmäler aufgenommene – Haus mit großem Engagement und viel Herzblut betreut, hat für die neue Präsentation viel Weihnachtliches aus den Schränken und Schubladen zu Tage befördert. In einer aktuellen Sonderausstellung zeigt sie “Weihnachten bei Sepp Mahler”. Das Haus ist geöffnet jeden Samstag bis Weihnachten von 14.00 bis 17.00 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung unter (07564) 1728.

Wie in vielen Familien war auch bei den Mahlers die Weihnachtszeit etwas ganz Besonderes. Der Künstler selber war katholisch, wenn auch nicht kirchennah religiös. Seine Frau Gertrud stammte aus einer streng protestantischen Familie. Im weit gefassten Glaubensverständnis der kleinen Familie kamen Schöpfung und Natur wichtige Rollen zu. Auf alle Fälle waren die Festtage des Kirchenjahrs verbindliche Eckpunkte in ihrem Kalender. Im Mahler-Haus haben sich daher zahlreiche Arbeiten des Künstlers erhalten, die sich auf diese Festtage beziehen, sei es nun etwa das Nikolausfest oder der Palmsonntag. Aber die meisten Spuren hat natürlich das Weihnachtsfest hinterlassen. So finden sich in den Beständen Werke Mahlers mit weihnachtlichen Motiven, außerdem seine liebevoll gestalteten Weihnachtsgrüße und nicht zuletzt auch vom Künstler geschaffene Weihnachtskrippen.

Sepp Mahler, Die einsame Magd, Mitte der 1920er-Jahre, Tempera auf Papier, Foto: Herbert Eichhorn

Weihnachtliche Motive bei Sepp Mahler

Kurz nach Sepp Mahlers Zeit an der Stuttgarter Kunstakademie, also Mitte der 1920er-Jahre, entstanden zum Beispiel zwei originelle Temperamalereien auf Papier. Beide spiegeln, etwa in der Auseinandersetzung mit der Kunst des Kubismus, dass der junge Künstler durchaus auf dem Laufenden war, was die Tendenzen der zeitgenössischen Kunst anging. Die einsame Dienstmagd verbringt den Weihnachtsabend in ihrer kargen Dachkammer mit einem mageren Christbäumchen. Mahlers Mitgefühl mit denen, die am Rand der Gesellschaft lebten – er nannte sie auch „Niemandsleute“ – wird hier greifbar. Festlicher wird wohl das Weihnachten des etwa gleichzeitig entstandenen „Krippenbauers“ ausfallen. Unter einem Kometen mit riesigem Schweif ist er dabei, auf dem Tisch eine klassische Krippenlandschaft aufzubauen. Auch den Stall mit Maria und Josef und dem Christkind hat Mahler immer wieder dargestellt.

Sepp Mahler, Krippenbauer, Mitte der 1920er-Jahre, Tempera auf Papier, Foto: Herbert Eichhorn

Eine Krippe aus Holzscheiten

Den Höhepunkt der kleinen Präsentation im Sepp-Mahler-Haus bilden aber die sehr ungewöhnlichen Weihnachtskrippen, die der Künstler geschaffen hat. Zuerst sticht einem die Krippe ins Auge, für die der Maler schlichte Scheite aus Fichtenholz in einer groben Schnitttechnik bearbeitet hat. Auf einer Seite des jeweiligen Holzscheites wurden die blockhaften Konturen einer Figur eingeritzt. Danach wurde die Bildseite des Scheits offensichtlich mit Graphit oder mit Farbstiften sparsam eingefärbt. Zu der Krippe gehören neben der Heiligen Familie noch ein Hirte, ein Schaf und eine Lichtbringer-Figur. Diese hat ihre Arme nach oben ausgestreckt und scheint so die Kerze zu tragen, die oben aufgesteckt werden konnte.

Sepp Mahler, Weihnachtskrippe, wohl 1930er-Jahre, Holz, Foto: Herbert Eichhorn

Mit kleinen aufgeklebten Zetteln hat der Künstler die vermutlich bereits in den 1930er-Jahren geschaffenen Figuren rückseitig beschriftet. Auf der Rückseite der Maria heißt es zum Beispiel: „Moorbäurin – Holz, von Sepp Mahler, Wurzach, Allg, unverk“. Die Beschriftungen könnten ein Hinweis darauf sein, dass die Stücke zunächst als Einzelfiguren entstanden sind. Später wurden sie dann offensichtlich zu einer Krippe für die Familie – Mahler hatte 1943 geheiratet, 1944 wurde Tochter Adelgund geboren – zusammengestellt. Offensichtlich waren dem Künstler diese Arbeiten aber so wichtig, dass er sie nicht verkaufen wollte, so dringend die Familie immer auch auf Verkaufserlöse angewiesen war.

Sepp Mahler, Heilige Familie aus der Weihnachtskrippe, wohl 1930er-Jahre, Holz, Foto: Herbert Eichhorn

Selten: Sepp Mahler als Bildhauer

Sepp Mahler war Maler und hat sich nur hin und wieder als Bildhauer betätigt. Außer der Holzscheit-Krippe sind nur ganz wenige plastische Arbeiten erhalten. Ein Maler, der sich – auf den ersten Blick – laienhaft mit Bildhauerei befasst: Damit befindet sich Sepp Mahler in der Kunst des 20. Jahrhunderts allerdings in bester Gesellschaft. So haben sich zum Beispiel auch die Maler der expressionistischen Künstlergruppe „Die Brücke“, etwa Ernst Ludwig Kirchner oder Erich Heckel, hin und wieder bildhauerisch betätigt. Auch sie haben dazu die Hölzer benutzt, über die sie zufällig gestolpert sind. Alle waren stolz darauf, dass sie diese Hölzer mit unprofessionellem Schnitzwerkzeug wie etwa Küchenmesser oder Schuster-Ahle bearbeitet haben. Das Blockhafte, die radikale Formvereinfachung, die diese Vorgehensweise mit sich brachte, entsprach ihrem Ideal. Kunst sollte „unmittelbar und unverfälscht“ den Schaffensdrang wiedergeben, wie es im Brücke-Programm hieß, also nicht beeinflusst sein von Akademie-Ausbildung oder handwerklicher Virtuosität. Auch Sepp Mahlers Kunstauffassung ging in diese Richtung.

Sepp Mahler, Weihnachtskrippe, 1950er-Jahre, bemaltes Papprelief, Foto: Herbert Eichhorn

Die anderen Krippen der Familie Mahler

Ungewöhnlich ist auch eine Krippe des Künstlers aus den 1950er-Jahren. Das Papprelief in Form eines Hauses lässt sich mit Hilfe zweier seitlich angebrachter Klappen aufstellen. Auch hier sind die streng blockhaften Formen mit dem Messer eingeschnitten und mit einem breiten Pinsel in dunklen Farben bemalt. Die symmetrisch angelegte Szene zeigt Maria und Josef knieend vor dem von hellem Licht überstrahlten Christkind in der Mitte.

Adelgund Mahler erzählt, dass diese vom Vater geschaffenen Krippen alle Jahre wieder aufgestellt wurden, die Holzscheit-Krippe etwa unter einem großen Kiefernzweig. Um eine stimmungsvolle Szenerie zu schaffen, sammelte die Familie jedes Jahr im Ried Moospolster.

Im Sepp-Mahler-Haus hat sich aber noch eine weitere Krippe erhalten, die immer wieder zum Einsatz kam. Es ist die Krippe aus Mahlers eigener Kindheit kurz nach der vorletzten Jahrhundertwende. Den Kern dieser Krippe, zu der im Laufe der Zeit noch das eine oder andere Element hinzukam, bestand aus Figuren aus Pappmaché. Solche serienmäßig produzierten und daher relativ kostengünstigen Krippen fanden sich seit dem späten 19. Jahrhundert in vielen bürgerlichen Haushalten.

Sepp Mahler, Weihnachtsgruß an die Familie, 1948, Foto: Herbert Eichhorn

Die Weihnachtspost des Maler-Poeten

Was es in der neuen Präsentation des Mahler-Hauses auch in vielen schönen Beispielen zu entdecken gibt, ist die einzigartige Weihnachtspost des Künstlers. Auf diese hat er zeitlebens sehr viel Mühe und Kreativität verwandt. Hier zeigt sich einmal mehr, dass Sepp Mahler eben ein Maler-Poet war: ein Maler und gleichzeitig ein Dichter, eine echte Doppelbegabung. Die wichtigste Werkgruppe, in der diese Doppelbegabung zum Tragen kommt, waren seine sogenannten „Rufer-Texte“. In den 1920er-Jahren hatte er zahllose kleine handgeschriebene, mit Aquarellen und Tuschzeichnungen verzierte und schließlich selbst gebundene kleine Heftchen geschaffen, mit denen er seine Botschaften in die Welt schickte. Es ging ihm dabei um die Ehrfurcht vor der Schöpfung, um die Rückkehr zu einer natürlichen Lebensweise und um einen Weg zu einer friedlichen Welt – alles Themen, die auch nach 100 Jahren noch aktuell sind.

Zum Teil knüpfen Mahlers Weihnachtsgrüße in ihrer Machart an die „Rufer-Texte“ an. Das trifft vor allem auf die warmherzigen poetischen Weihnachtsbotschaften innerhalb der Familie zu. Für Frau („Liebes Gertrudlein!“) und Tochter entstanden zu Weihnachten oft kleine aufwändige handgeschriebene Heftlein, die mit Zeichnungen und Malereien von weihnachtlichen Motiven ergänzt waren.

Sepp Mahler, Weihnachtsgruß, 1961, Aquarell und Tusche, Foto: Herbert Eichhorn

Persönliche Grüße für Freunde und Förderer

Aber auch die Freunde und Förderer wurden von Sepp Mahler Jahr für Jahr mit sehr persönlichen Weihnachtsbotschaften in Form von Karten mit Tuschezeichnungen oder Aquarellen bedacht. Dazu galt es dann immer, Weihnachtsgrüße für etwa 70 Adressaten zu fabrizieren. Adelgund Mahler erinnert sich, dass der Vater dazu jedes Jahr eine regelrechte kleine Serienproduktion aufzog. Auf dem Fenstersims wurden die Zeichnungen mit typischen Mahler-Motiven nebeneinander zum Trocknen ausgelegt, bevor der Künstler dann seine handschriftlichen Weihnachtsgrüße hinzufügen konnte.

Sepp Mahler, Weihnachtsgruß, 1965, Stempeldruck, Foto: Herbert Eichhorn

Es sind also ganz besondere Formen, mit denen in dem Wurzacher Künstlerhaushalt das Weihnachtsfest vorbereitet und gefeiert wurde. Adelgund Mahler hat für die neue Präsentation nicht nur wieder Moos im Ried geholt, sondern viele ungewöhnliche, selten gezeigte Werke ihres Vaters ausgewählt, die das anschaulich machen. Ein Besuch im Sepp Mahler-Haus jetzt in der Vorweihnachtszeit lohnt sich daher auch für diejenigen, die dieses bedeutende Kulturdenkmal schon gut zu kennen glauben.
Herbert Eichhorn

Die weihnachtliche Ausstellung im Sepp-Mahler-Haus ist ab Samstag, 30. November, zu sehen. Das Haus ist geöffnet jeden Samstag von 14.00 bis 17.00 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung unter (07564) 1728.

Sepp-Mahler-Haus, Ravensburger Straße 21

In der Galerie weitere Bilder von Weihnachtlichem in der Sammlung des Sepp-Mahler-Hauses. Fotos: Herbert Eichhorn



BILDERGALERIE

Fotos: Herbert Eichhorn

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